Lebenswandel - Entscheidungsermüdung und Ernährungsumstellung

Zusammenfassung: Bewusste Ernährung stellt eine nicht unerhebliche Stressbelastung dar. In diesem Beitrag stelle ich einen Ansatz vor um diese Stressbelastung zu senken. Kernpunkt ist es die Entscheidungsermüdung zu senken. Je weniger du dich entscheiden musst, desto erfolgreicher wirst du deine gute Ernährung umsetzen können.

Bolivianer vernichten McDonalds

Ronald Mc Donald ist ganz schön angefressen:

In Bolivien schließen die Filialen von McDonalds.

Die Bolivianer misstrauen dem Essen, was in so kurzer Zeit zubereitet werden kann.

Die Bolivianer legen großen Wert auf bekömmliche Nahrung, die auf die richtige Weise vorbereitet wird. Der Grund des Scheiterns von McDonalds ist, dass die Bolivianer ihren Körper zu sehr respektieren um ihn mit so hochproblematischen Lebensmitteln wie Fast Food zu belasten.

In diesem Beitrag werde ich nicht auf das Essen bei McDonalds eingehen. Dass derart verarbeitetes Essen hochproblematisch ist, wissen wir alle. Es geht um zwei Punkte:

  1. Was bedeutet gute Ernährung im Kontext seines Lebenswandels?
  2. Wie sorge ich dafür, dass ich davon nicht abweiche?

Einer der häufigsten Phrasen im Zusammenhang mit den Ernährungsentscheidungen ist "Ich gönne mir das." Damit nehmen wir grundsätzlich Bezug zum positiven psychischen und direktem Feedback auf das Essen. Zwei Aspekte sind dabei besonders wichtig:

  1. Direktheit
  2. Emotion

Kurzsichtigkeit - Zur Direktheit unsere Denkens

Der erste Punkt ist eine übliche Schwäche des menschlichen Denkens. Wirklich langfristige Planung fällt uns sehr schwer. Unser Gehirn scheint im allgemeinen nicht für komplexe und langfristige Entscheidungen gemacht zu sein. So wollen wir oft, dass etwas sofort Ergebnisse bringt oder wir sofort fühlen, dass uns etwas gut tut. Mit dieser Haltung verbauen wir uns regelmäßig Chancen, egal in welchem Lebensbereich.

Die Folge einer kurzsichtigen Haltung: Man muss sehr viele Entscheidungen treffen, weil jede Entscheidung entsprechend nur für kurze Zeit wirksam sein kann. Wir wägen ab: Gönne ich mir das oder verzichte ich?

Ein sehr gutes Buch über die Kurzsichtigkeit unseres Denkens ist Die Logik des Mißlingens von Dietrich Dörner. Hier wird einem schön auf's Brot geschmiert, dass es mit unserer Ratio doch (oder noch?) nicht weit her ist. Zurück zum Thema:

Was würde ein Bolivianer machen?

Ein Bolivianer denkt hier nicht anders oder langfristiger. Doch ein Bolivianer muss sich gar nicht erst entscheiden. Sein natürliches Misstrauen dem Fastfood gegenüber hat ihm die Entscheidung abgenommen. Er wägt zwar ab, doch mit einem Vorurteil. Das spart ihm erheblich an Energie.

Emotion -- Ernährungsumstellung schwer gemacht

In dem Augenblick, in welchem du dich zwischen einer Nascherei und Verzicht entscheidest, hast du verloren. Eine gesunde Ernährung wird häufig mit dem negativen Gefühl verbunden, etwas haben zu wollen, es aber nicht zu dürfen. Wenn du dich darin wiedererkennst, verlässt du dich bei deiner Ernährung vor allem auf deine Disziplin ("Tugend" würden Philosophen sagen).

So muss man sich immer und immer wieder gegen etwas entscheiden, was man eigentlich möchte.

  1. Man verstärkt die positiv-emotionale Assoziation zu diesem Nahrungsmittel: Man kann nur auf etwas verzichten, worin man einen potentiellen Gewinn sieht. Fällt ein Verlust weg, fühlt man sich befreit. Es wird immer schwerer darauf zu verzichten, weil es in der eigenen Wahrnehmung immer lohnender wird, gerade nicht zu verzichten (nicht vergessen: wir Menschen denken überraschend kurzsichtig). Je mehr wir verzichten, desto lohnender wird es nicht zu verzichten. Ein überraschender innerer Widerspruch.
  2. Man hat sich eine Umwelt geschaffen, in welcher man zu ständiger Entscheidung gezwungen wird. So läuft man in die Falle der decision fatigue. (Um diese wird es im nächsten Abschnitt gehen)

Was würde ein Bolivianer machen?

Ein Bolivianer rennt nicht in die Falle die positive Verbindung immer wieder zu verstärken. Ganz im Gegenteil verstärkt er durch sein Verhalten seine negative Assoziation dem Fastfood gegenüber. Das macht ihm das Leben erheblich leichter, weil er die Alternative immer seltener in Betracht zieht. Das heißt, dieser Druck sich zu entscheiden immer seltener wird.

Decision Fatigue -- Entscheidungsermüdung

Wem ist schon mal aufgefallen, warum an der Kasse immer Mars, Snickers und co. ausliegen? Hier ist warum:

But if a trip to the supermarket induces more decision fatigue in the poor than in the rich -- because each purchase requires more mental trade-offs -- by the time they reach the cash register, they’ll have less willpower left to resist the Mars bars and Skittles. Not for nothing are these items called impulse purchases. Artikel der New Times

Decision Fatigue oder Entscheidungsermüdung meint, dass Entscheidungen zu treffen ein mental ermüdender Prozess ist. Egal wie rational und vernünftig du bist, du kannst nicht eine Entscheidung nach der anderen treffen, ohne den Preis dafür zu bezahlen. Entscheidungsermüdung ist nicht gleich herkömmliche psychische Ermüdung. Du merkst nicht, dass du müde bist, obwohl du mental eigentlich aufgebraucht bist.

Je mehr Entscheidungen du pro Tag triffst, desto schwieriger wird das Treffen neuer Entscheidungen für unser Gehirn. Schlussendlich wird es auf zwei Strategien zurückgreifen:

  1. Entscheidungen werden impulsiv getroffen anstatt über die Konsequenzen der Entscheidung zu überlegen. So spart man psychische Energie.
  2. Man trifft keine Entscheidung. Anstatt sich mit Abwägen herumzuquälen vermeidet man die Entscheidung.

Die Wirksamkeit von Entscheidungsermüdung am Beispiel

Du hast lange gearbeitet. Ständig bieten dir deine Kollegen im Büro kleine Naschereien an. Man will ja nett sein.

In der Mittagspause gehst du mit deinen Kollegen essen. Während sich alle einen Dönerteller mit Pommes bestellen, entscheidest du dich nur Salat zu essen. Fast Food kommt dir nicht in die Tüte.

Der Tag ist lang und du hast viele Probleme gelöst (und Entscheidungen getroffen). Es war der übliche Wahnsinn eines Büroalltags. Gehst du nun noch ins Fitnessstudio oder nicht? Sicher. Du hast deinen Traumkörper klar vor Augen. Was machst du nun im Studio? Cardio oder doch Krafttraining?

Nach dem Training bist du geschafft. Du hast dich noch überreden lassen einen Bauchkurs zu machen. Die Verkehr war grausam (du musstest viele Entscheidungen treffen) Du hast noch einen entspannten Filmabend mit einem Partner vor dir. Für den Film wolltet ihr euch spontan entscheiden. Dein Partner ist selbstverständlich nicht auf Diät. Er hält dir etwas zu naschen hin. Er will dir ja was gönnen.

Wie entscheidest du dich?

Es ist nicht weiter überraschend, dass die meisten eher in den Abendstunden schwach werden. Wir sind entscheidungsmüde und der Schokoriegel trifft uns in unserem schwächsten Augenblick.

In diesem Beispiel habe ich mich vor allem auf die Entscheidungen bezüglich Ernährung und Sport konzentriert. Entscheiden ist aber ein grundsätzlicher Prozess. Alleine die Menge der Entscheidungen, die wir im Straßenverkehr treffen müssen, ist immens.

Ernährung ist Verhalten

Fundamental betrachtet ist Ernährung die Konsequenz unseres Verhaltens. Wir sind komplex motiviert. Wir werden indoktriniert von Werbung, werden erzogen, werden sozial konditioniert. Wir haben Wünsche. Wir sind mal schwach, mal diszpliniert. Daher muss Ernährung in den Kontext unseres Lebenswandels eingebunden werden.

Wir leben in einer Zeit von Informationüberflutung und Entscheidungszwang. Das ist soweit nichts Neues. Eine gute Ernährung ist biochemisch zweifellos etwas Gutes. Aber sich gut zu ernähren ist für die Meisten ein weiterer Entscheidungszwang und damit Stressbelastung. Das sollte nicht so sein. Eine gute Ernährung sollte auch den Stress reduzieren. Zum Thema der Ernährung -- inbesondere der Ernährungsumstellung -- gehört selbstverständlich auch das "Wie" im psychologischen Sinne.

Wir stehen vor einem Problem, dass wir auch schwache Momente haben. Die Lösung ist nicht noch mehr Disziplin! Der innere Druck durch Disziplinierung führt zu mehr Stress und zu einer schlechteren Lebensqualität.

Hör auf, dich zu entscheiden!

Die Lösung ist leicht: Die Entscheidungen müssen raus. Die folgenden Beispiele sind schlicht lebenspraktischer Natur. Hier ist ein Beitrag der einen psychischen Aspekt von Entscheidungsvermeidung beleuchtet.

Anstatt gegen die äußeren Widerstände einen immer größeren inneren Widerstand aufzubauen, solltest du die äußeren Widerstände beseitigen. Übernimm die Kontrolle über deine Welt. Hier ist eine Liste von Tipps, wie man das schaffen kann.

Einkaufen

  • Mach dir eine Einkaufsliste bevor du einkaufen gehst. Vermeide es im Supermarkt Entscheidungen zu treffen. Es werden viele sein und sie werden schlechter werden. Am Ende stehst du an der Kasse neben dem Süßigkeitenregal.
  • Kauf dir nur das Essen, was du auch wirklich essen willst. Wenn du dir einen Teller mit Naschzeug auf den Küchentisch stellst, zwingst du dich immer wieder beim Anblick dagegen zu entscheiden. So sabotierst du dich nur selbst.
  • Geh immer den gleichen Weg, wenn durch das Geschäft gehst. Der erste Gang sollte immer zum Obst und Gemüse gehen. Dann zu den Energieträgern und Proteinquellen. Das sind bei einer Steinzeiternährung Fleisch, Fisch, Eier und Wurzelgemüse.

Arbeit und Unterwegs

  • Packe dein Essen vor, wenn du dir nicht sicher bist, ob du das richtige Essen bekommst.
  • Lege dir ein Repertoire an Snacks und einfachen Lösungen zu. Schreib dir eine Liste, ein Kochbuch, eine Datei. Wenn du dich fragst, was du mitnimmst, brauchst du nur einmal deine Liste gucken und schon weißt du, was für Möglichkeiten hast. So machst du dir die Entscheidung leicht durch Übersicht.
  • Kein Knabberkorb auf dem Schreibtisch. Was man sieht, isst man auch. Man wird bombardiert mit Entscheidungszwang. Jedes Mal hinsehen, heißt sich dagegen entscheiden zu müssen. Das ist ultimative Selbstsabotage.

Zu Hause

  • Lagere nur das Essen im Sichtfeld, dass du häufiger essen willst. Essen, dass eine Belohnung darstellt, scheint eher bevorzugt zu werden. Gerade nach einem langen Tag ist man Entscheidungsmüde. Da greift man schon mal schneller zu Naschereien.
  • Habe immer alles bereit. Das richtet sich vor allem an die Single-Männer. Wenn du dich schon entscheiden musst, ob du jetzt noch die Pfanne zum Essen spülst, legst du dir selbst Steine in den Weg. Besonders wenn deine Ernährungsgewohnheiten noch nicht gefestigt sind, kann das schon eine Abwärtsspirale in den Pizzatod einleiten.

Fragen

  • Was sind deine Strategien um die Entscheidungszwänge zu reduzieren? Ich erweitere die Liste um deinen Vorschlag.
  • Was sind deine emotionalen Anker, die dir das Leben schwer machen? Das Feierabendbier? Schokolade?

Fotos

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photo credit: San Diego Shooter via photopin cc