Powerposing

Zusammenfassung: Powerposing könnte man als eine Art der Meditation verstehen. Sie hat den Vorteil, dass man sich nicht auf diese emotional einlassen muss. So ist die Hürde kleiner sich meditationsähnliche Praktiken anzugewöhnen.

Power Posing Meditation

Mich wundert es, dass Powerposing nicht deutlich bekannter ist und vor allem nicht wesentlich öfter praktiziert wird. Vielleicht ist es für viele Menschen zu ausgefallen? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen ihren Charakter als etwas vom Körper losgelöstes, aber vor allem auch als etwas nahezu Unveränderliches betrachten.

Während wir einige Eigenschaften als bloße Gewohnheiten (Ordentlichkeit, Unpünktlichkeit) abtun können, sind andere Eigenschaften (z.B. Selbstsicherheit oder Genusszentrierung) oft akzeptiertes Schicksal.

[pullquote position="right" hidden="true"]Über Gewohnheiten wird Verhalten zum Teil unseres Selbst.[/pullquote]

Am Beispiel des Powerposings will ich mich gegen die Position wenden, dass wir Eigenschaften haben, die wir nicht beeinflussen können. Es mag größere und kleinere Herausforderungen geben. Doch ich gehe davon aus, dass es alles lösbare Aufgaben sind. In vielen Fällen sogar einfacher, als wir es immer meinen.

Was ist Powerposing?

Powerposing ist die bewusste Einnahme von Haltungen, die hohe Selbstsicherheit und hohes Machtgefühl ausdrücken.

Die Eigenschaften dieser Haltungen sind:

  • Offenheit: Die Arme sind geöffnet, das Kinn ist erhoben, die Füße stehen weit auseinander und Ähnliches.
  • Raumeinnehmend: Man macht sich groß. Man zeigt durch aufsetzen des Fußes oder auflegen des Arms Territorialanspruch auf einen Gegenstand (z.B. Tisch, Stuhl)

Carney et al.[^carney2010] stellten nach 2min High vs. Low Powerposing folgendes fest:

  • High Powerposing erhöhte das Testosteron um 20%, während Low Powerposing es um 10% senkte.
  • High Powerposing senkte das Cortisol um ca. 25%, während Low Powerposing es um 15% erhöhte.
  • Sie testeten, ob diese Veränderungen einen Effekt hatten, in dem sie die Probanden mit Glücksspiel konfrontierten. Nur 60% der Low Power Gruppe gingen ein Risiko ein, dass 86% der High Power Gruppe eingingen.

Das Besondere am Powerposing ist die Kürze der Intervention. Sogar eine so kurze Zeit wie 2min in der Studie von Carney ist ausreichend um wirklich große Veränderungen hervorzurufen.

Was ist, wenn Powerposing zur Gewohnheit wird?

Hier eine kleine Präsentation von Amy zu diesem Thema.

Das Besondere ist, dass es in beide Richtungen geht. Einen Teil der Seite können wir bewusst manipulieren: Die Körperposition. Wir können also unsere Gefühle durch unseren Körper beeinflussen.

Es ist ein seltsamer Umstand, dass wir mit so einfachen Mitteln beeinflussen können, wie wir uns fühlen. Noch seltsamer ist, dass man so mit sehr leichten Mitteln auf darunter liegende Charaktereigenschaften wirken kann.

Ein Mensch, der beständig wütend ist, könnte man als aufbrausend bezeichnen. Doch was ist, wenn sich eben jener es zur Gewohnheit macht eine ruhige Körpersprache einzunehmen? Ist er immer noch aufbrausend, wenn er nicht mehr beständig wütend ist? Ich denke nicht.

Voraussetzung für diese Überlegungen ist, dass sich Emotionen grundsätzlich in der Körpersprache niederschlagen. Auch dazu findet man jede Menge Literatur:

  • Wenn man lächelt, ist man glücklicher und leichter zum Lachen zu bringen.1
  • Wenn man das Kinn hebt, empfindet man mehr Stolz.2
  • Eine vorgebeugte und gekrümmte Haltung geht mit einer höheren Stressanfälligkeit und schlechteren Stimmung einher.3

Amy erwähnt einen wichtigen Aspekt dabei: Es geht um ein Selbstgespräch und nicht darum in sozialen Interaktionen beständig in einer extremen High Power Pose zu verharren. Leg' die Beine also nicht auf den Tisch deines Chefs.

Ohne innere Widersprüche

Ich sehe da eine große Verwandtschaft zu meinem Ansatz der Ernährungspsychologie. So wie ich im Beitrag über Disziplin in der Ernährung argumentiert habe, ist es keine vielversprechende Strategie sich durch Disziplin in einen Widerspruch aus kurzfristigen Gelüsten und langfristigen Zielen zu bringen.

Mein Ansatz der Ernährungsumstellung beinhaltet eine Änderung der Gewohnheiten und auch der Glaubenssätze, die unserem Verhalten zu Grunde liegen. Es ist der Widerspruch, durch welchen wir uns beständig entscheiden müssen. Deswegen führen Widersprüche schlussendlich zur Entscheidungsermüdung und wir fallen auf unsere Glaubenssätze und Gewohnheiten zurück.

So ähnlich funktioniert auch das Powerposing. Anstatt nun beständig Maßnahmen zu ergreifen, damit wir uns sicherer fühlen, integriert man Powerposing in sein Leben und stellt Sicherheit auf ganz fundamentaler Ebene her.

Rolle für Improved Eating

Das Powerposing hat mindestens folgende Effekte auf deine Kategorien der Gesundheit.

  1. Es macht dich widerstandsfähiger gegen die kognitiven Herausforderungen der Moderne. Du wirst unbekümmerter.
  2. Es puffert die negativen Effekte von Bewegung ab. Training bedeutet im Allgemeinen, dass du Cortisol produzierst. Das heißt, dass du Training besser mit den anderen Stressoren in deinem Leben vereinbaren kannst. Denn Stress wird dann wieder akut und nicht mehr chronisch. So kann das Training seine Wirkung entfalten.

Ich behandle Powerposing als eine Form der Meditation. Wenn du Yoga, Tai Chi oder Ähnlichem nicht aufgeschlossen bist, dann ist Powerposing eine Alternative für dich.

Wenn ich in einer Analyse feststelle, dass jemand sehr große Vorteile durch Meditation erhält, beginne ich oft mit den Konzept des Powerposing und erkläre dieses rein psychologisch-wissenschaftlich. So ist der Anschluss leichter und der erste Schritt ist getan.

Anwendung

Man müsste hier fragen: Wie kann ich Powerposing in meinen Alltag integrieren, ohne soziale Sanktionen zu erleiden?

Wenn du anfängst, während der Arbeit ständig deine Füße auf den Tisch zu legen, werden es deine Kollegen und auch deine Vorgesetzten als Angriff und Provokation verstehen. Powerposing als Kommunikation ist natürlich die Botschaft der Macht und Dominanz.

[pullquote position="right" hidden="true"]Don't fake it until you make it. Fake it until you become it. - Amy Cuddy[/pullquote]

Hier sind ein paar Ideen, wie man Powerposing als Gewohnheit in seinen Alltag integrieren kann:

  1. Leg' beim Frühstück die Füße auf den Tisch. Das gilt natürlich für alle Mahlzeiten, die du alleine zu dir nimmst. Ich esse viele meiner Mahlzeiten so.
  2. Integriere dein soziales Umfeld. Gerade Familienmitglieder und noch mehr Kinder werden nicht nur Spaß daran haben, sie können auch noch den Nutzen haben. Beim letzten Essen des Tages rekapituliere ich die Ereignisse und rufe das Gefühl der Dankbarkeit wach. Das mache ich in einer dem Powerposing ähnlichen Haltung. Meine Gäste sind herzlich eingeladen mitzumachen. Wenn du zur gleichen Zeit, wie dein Partner aufstehst, macht beide Powerposing, aber stellt euch nebeneinander und schließt die Augen. Das ist körpersprachlich nicht konfrontativ.
  3. Integriere es in die Morgenroutine. Die Atemübung der Morgenroutine kannst du in einer Power Pose machen. Stelle dich einfach breitbeinig hin, die Füße sind parallel und strecke die Arme zu einem V nach oben. So machst du deine Atemroutine und schlägst zwei Fliegen mit einer Klappe.
  4. Mache es zu deiner Abendroutine. Nimm' die Position, wie beim dritten Punkt ein, aber atme nur lange Züge in den Bauch. Schließe dazu die Augen (wieder ist das natürlich auch mit deinem Partner möglich). Wenn ein zu hohes Abendcortisol dein Einschlafen erschwert, sollte dies etwas leichter gehen. (Nur langsame Züge in den Bauch)

Für fastende Frauen?

Fasten ist eindeutig der katabolen, aktiven, verbrauchenden Seite zuzuordnen. Es ist verbunden mit einem Anstieg der Stresshormone. Die absoluten Werte für die Stressreaktion ist bei Männern höher.4 Wenn hier die Ursache für die schlechtere Fastenfähigkeit von Frauen liegt, wäre es spannend herauszufinden, ob Powerposing nun einen befördernden Effekt auf die Fastenfähigkeit von Frauen hat.

Es gibt natürlich verschiedene Szenarien, von denen dann der Ausgang eines solchen Experiments abhängt:

  1. Die Fastenfähigkeit wird durch Einsatz von Powerposing herabgesetzt, weil nun das benötigte Cortisol noch weiter abgesenkt wird.
  2. Die Fastenfähigkeit wird verbessert, weil die Stressreaktion des Fastens an sich oder in Zusammenhang mit den anderen Stressoren (Frauen sind in der Moderne stärker belastet als Männer) eine zu starke psychische Belastung bedeutet. Durch Powerposing wird Stress auf einer fundamentalen Ebene ausgeglichen.

Wenn eine weibliche Leserin dieses Experiment wagen will, freue ich mich über eine Rückmeldung. Wenn ich genügend Rückmeldungen beisammen habe, stelle ich die Ergebnisse selbstverständlich zur für alle zur Verfügung.

Wenn du dies ausprobierst, dann hast du verschiedene Möglichkeiten:

  1. Du machst direkt zu Beginn deiner Fastenphase Powerposing.
  2. Du machst gegen Ende der Fastenphase Powerposing, wenn du anfängst schlapp zu werden.
  3. Du machst am Anfang und am Ende Powerposing (und in der Mitte).

Das zeitliche Investment ist extrem klein (1-3x2min), während der potentielle Gewinn sehr groß ist. Im schlimmsten Fall geht es dir einfach besser und fasten ist auch in diesem Fall nichts für dich.

Abschließende Worte

Ein Teil der hervorragenden Ergebnisse von Yoga und Meditation lassen sich sicherlich auf die gute Anwendung von Körpersprache zurückführen.

Im ersten Moment wirkt es seltsam, doch Powerposing fußt auf harter Wissenschaft und es wirkt. Es erfüllt die Rolle von Meditation, ohne dass man sich emotional darauf einlassen muss. Deswegen ist es ein einfacher Schritt in die Gewohnheit der Meditation.

Fragen

  • Hast du Meditation in deinen Alltag integriert?
  • Warst du erfolgreich? Was hat den Erfolg ausgemacht?
  • Bist du gescheitert? Was war die Hürde?

Fotos

Photo Credit: macinate via Compfight cc


  1. Strack, F., Martin, L. L., & Stepper, S. (1988). Inhibiting and facilitating conditions of the human smile: a nonobtrusive test of the facial feedback hypothesis. J Pers Soc Psychol, 54(5), 768-77. [Abstrakt][201402111251strack] 

  2. Stepper, S. & Fritz, S. (1993). Proprioceptive determinants of emotional and nonemotional feelings. Journal of Personality and Social Psychology, 64(2), 211-220. [Abstrakt][201402111251stepper] 

  3. Riskind, J. & Gotay, C. (1982). Physical posture: Could it have regulatory or feedback effects on motivation and emotion?. Motivation and Emotion, 6(3), 273-298. http://dx.doi.org/10.1007/BF00992249 [Abstrakt][201402111253riskind] 

  4. Webber, J. & Macdonald, I. A. (1994). The cardiovascular, metabolic and hormonal changes accompanying acute starvation in men and women. Br J Nutr, 71(3), 437-47. [Abstrakt][201402111255webber]