Barfußlaufen von Kindesbeinen an!

Zusammenfassung: Es gibt keine gute Schuhe! Es gibt nur Schuhe, die weniger schlecht sind als andere. Wenn wir die Füße unser Leben lang einpacken, können wir nicht erwarten, dass sie sich zu ihrer korrekten Funktionalität entfalten. Im Wesentlichen kann man die Verbesserungen durch drei Kategorien von Maßnahmen herbeiführen: Training, Idealtechnik und Achtsamkeit.

Barfuß

Photo Credit: Adrian Dreßler via Compfight cc

Schuhe sind schlecht oder weniger schlecht

Es gibt keine gute Schuhe! Es gibt nur Schuhe, die weniger schlecht sind als andere. Unsere Füße sind Wahrnehmungsorgane. Wenn wir diese in Klumpen aus Plastik und Leder stecken, können wir nicht lernen, diese auch zu benutzen.

Ausgehend von der Wahrnehmung des Bodens und der Kräfte, die auf den Fuß wirken, reguliert dann unser motorisches Zentrum die Rekrutierung der Muskulatur. Unser Gehirn sagt, wann welcher Muskel zu arbeiten hat.

[pullquote position="right" hidden="true"]Steh' nicht auf tönernen Füßen, sondern mach' etwas aus ihnen.[/pullquote]

Wenn wir die Füße unser Leben lang einpacken, können wir nicht erwarten, dass sie sich zu ihrer korrekten Funktionalität entfalten. So entstehen Spreizfüße, Plattfüße und all die anderen Aberrationen. Es mag vielleicht noch andere Gründe für Fußprobleme geben, aber unsere Praxis der Schuhe ist pures Gift.

Wie du in dem Video siehst, ist mein Fußgewölbe ziemlich stabil. Dafür sehe ich drei Gründe in meiner Biographie:

  1. Meine Mutter hat mich ständig mit geräumigen Schuhen versorgt. Ich hatte damals zwar das Gefühl, dass sie mein Leben verschwendet. Heute verstehe ich aber die Wichtigkeit von Platz in den Schuhen. Viel Platz für die Zehen gerade auch seitlich[^meyerschelinie] ist wichtig für die Funktion der Füße. (Der große Zeh meines linken Fußes ist etwas abgeknickt, aber nicht viel)
  2. Ich bin in meinem Leben viel barfuß gelaufen. Ich grüße an dieser Stelle meine alten Lehrer, die sich häufig an meinem "abweichenden" Verhalten gestoßen haben.
  3. Ich habe lange Zeit Kampfsport gemacht und über lange Zeit jeden Tag barfuß Schattenboxen gemacht. Das war ein gutes Training für meine Füße.

Use it or lose it. So lautet das geflügelte Sprichwort aus dem angelsächsischen Raum. Wir sitzen ständig und lange. Stehen oder gehen wir, tun wir das in unbeweglichen Klumpen aus Plastik und Leder. Es ist kein Wunder, dass die Füße unserer Kultur schwach sind.

Fallbeispiel: Stockholmsyndrom

Mein Mitbewohner, bester Kumpel, Admin und geheime Liebe des Lebens hatte das zweifelhafte Glück mich vor einigen Jahren kennenzulernen. Weil unser Tag über lange Zeit ziemlich gleich verlaufen ist, hatte ich die Gelegenheit ihm viel über die Verwendung der Füße beizubringen. Folgendes sind die wichtigsten Maßnahmen gewesen:

  1. Viel Barfuß laufen.
  2. Korrekte Fußabrollbewegung.
  3. Bewusster Spannungsaufbau im Fußgewölbe
  4. Achtsamkeitsübung (was nichts anderes heißt, dass ich ihn angemeckert habe, wenn er angefangen hat seine Haltung zu vernachlässigen)

Nach ca. einem Jahr sind uns die ersten Verbesserungen aufgefallen. Er konnte sein Fußgewölbe schon sehr viel besser stabilisieren. Auffällig bleibt noch sein Treppensteigen, bei welchem er, nach wie vor, nicht die volle Funktionalität seine Fußes nutzt. Auch bei Müdigkeit merkt er deutlich, wie sein Fußgewölbe instabil wird.

Im Wesentlichen kann man die Verbesserungen durch drei Kategorien von Maßnahmen herbeiführen:

  1. Training. Durch Barfußlaufen, (korrektes) Sprinttraining, laufen auf verschiedenen Untergründen und anderen Übungen kann man die Muskulatur und Motorik seines Fußes trainieren. Für besonders wichtig halte ich barfußlaufen.[^barfußsprint]
  2. Idealtechnik. Dadurch, dass ich ihm genau gezeigt habe, wie genau sich das korrekte Abrollen anfühlen soll und wie es funktioniert, hat er verstanden, wie man den Fuß benutzen soll. Er hat eine Art Bedienungsanleitung für seinen Fuß erhalten, wie Ido Portal sagen könnte.
  3. Achtsamkeit und Gewohnheit. Dann heißt es viel üben. Sobald man auf den Füßen steht, kann man seine Füße trainieren. Schwere Kniebeugen sollte man mit Fußspannung durchführen ("den Boden greifen"), stehen solltest du immer aktiv, Treppensteigen mit aktivem Fußeinsatz und so weiter. Je mehr du den aktiven Einsatz als Teil von Bewegung im Allgemeinen verstehst, desto besser wirst du deine Füße (und auch die anderen Bewegungen) verstehen.

Ich bilde mir ein, dass mein Admin mir auf ewig dankbar sein wird, aber vielleicht leidet er auch nur am Stockholmsyndrom.

Fußprobleme mit Fernwirkung

In dem Video habe ich ein paar mögliche Folgen einer schlechten Fußgesundheit demonstriert:

Wenn das Fußgewölbe einbricht, verstärkt sich der Knievalgus (Das Knie wandert nach Innen). Das heißt, dass der Außenmeniskus stärker belastet wird.

Die Adduktoren geraten in eine verkürzte Position. Die Adduktoren sind bei den meisten Menschen ohnehin schon sehr hyperton (haben eine zu hohe Ruhespannung). Die Hüfte ist das Bindeglied, wodurch Rücken und Unterkörper miteinander zusammenhängen. Hier überträgt sich das Problem der Füße auf den Rücken.

Ein Hohlkreuz mit kompensatorischem Rundrücken ist ein typischer Teil des Haltungsproblems. Ich schreibe absichtlich nicht, dass es eine Folge ist. Wir denken normalerweise in linearen Ursache-Wirkungs-Gefügen. Im Symptombild muss man jede Dysfunktion gleichermaßen als Ursache und als Wirkung begreifen und entsprechend behandeln. Nur so wird man der Komplexität des Körpers gerecht.

Ist der Plexus cervicalis belastet, sind Spannungskopfschmerzen häufige Begleiterscheinung.

Ist der Plexus brachialis belastet, sind Symptome wie Golferarm, Tennisarm nicht selten.

Diese Haltung kann eine erhebliche Wirkung auf unsere Stimmung haben. Emotionen sind nicht einfach etwas, dass sich irgendeiner geistigen Ebene abspielt. Emotionen sind manifestiert in unserer Körpersprache und Gehirnchemie. So ist das Powerposing eine Technik über die Körpersprache in die Biochemie des Körpers einzugreifen.

Abschließende Worte

Barfußschuhe sind nur ein Behelf. Ich lese häufig, dass Barfußschuhe super Mittel sind die Füße zu trainieren. Ich betrachte es von der anderen Richtung: Barfußschuhe sind ein Mittel seine Füße nicht noch weniger zu trainieren.

Stehe nicht auf tönernen Füßen, sondern mach' etwas aus ihnen.

Meine Abschiedscolts gab es auch dieses Mal. Mal sehen, ob mir jemals die Munition ausgeht.

Fragen

  • Liegen deine Hacke, das erste Gelenk deines großen Zehs und die Spitze deines großen Zehs auf einer Linie? Wenn nicht, kannst du davon ausgehen, dass deine Schuhe bereits die Fußform verändert haben.
  • Wie viel Zeit verbringst du damit, deine Füße barfuß zu belasten? Wie viel Zeit verbringst du damit, sie in Schuhen zu belasten, die deine Fußstellung beeinflussen? (Belasten heißt übrigens nicht in Socken auf der Coach zu sitzen)
  • Kannst du die Übung in dem nachfolgenden Video machen, ohne im Fuß oder Sprunggelenk instabil zu werden?