Beispielplan: Allgemeine Fitness mit Schwerpunkt auf Kraft (30 Minuten pro Tag)
Benötigte Trainingsausrüstung: Langhantel, Kurzhanteln, Klimmzugstange, Besenstil oder vergleichbares, Turnringe oder Langhantel auf niedriger Höhe.
Haupthema, Nebenthema: Allgemeine Fitness mit Schwerpunkt auf Kraft bei geringer kognitiver Belastung und zeitlicher Planbarkeit (jede Trainingseinheit dauert exakt so lange wie geplant)
Trainingsumfang: 30 Minuten pro Tag
Trainingsniveau: Variabel. Anfängergeeignet
Erklärung und Tipps
Allgemein: Es gibt ein übergeordnetes Thema bei einem so minimalistischen Training: Volumen kommt vor Intensität. Die Gründe dafür sind die folgenden:
- Der Kalorienverbrauch ist höher. Im Vergleich zu Jägern und Sammlern verbrauchen wir durchschnittlich nur noch ca. 70 % der Kalorien pro Kilogramm Körpergewicht.12 Das zeigt das Ausmaß des Bewegungsmangels, dem wir als moderne Menschen ausgesetzt sind. Dies auszugleichen hat sehr hohe Priorität.
- Der Effekt auf den Energiestoffwechsel ist größer. Bei kurzer Trainingsdauer ist es wichtig, dass der Energiestoffwechsel intensiv trainiert wird. Durch das hohe Volumen wird auch beim Kraft- und Mobilitätstraining der Kreislauf angekurbelt.
- Mehr Muskelmasse. Die Muskelmasse hängt direkt mit dem Trainingsvolumen zusammen. Eine höhere Intensität würde längere Pausen erfordern, sodass das Programm mehr Zeit in Anspruch nehmen würde oder das Volumen verringern müsste.
Eine geringe körperliche Belastung: Das Programm ist darauf ausgelegt, die körperliche Belastung gering zu halten. Die vielen Sätze mit wenigen Wiederholungen dienen dazu, dass man jeden Satz mit guter Form durchführen kann. Das ist aber nur dann möglich, wenn Du weit vom Muskelversagen entfernt trainierst. Achte also darauf, auch wenn Dir die Trainingsintensität am Anfang der Einheit gering vorkommt. Ich habe darauf geachtet, dass es eine geringe Stoßbelastung gibt. Es sind also weder Sprungübungen noch Jogging enthalten.
Erklärung zum Krafttraining: Weil Du nur 30 Minuten pro Tag trainierst, brauchst du eine Trainingsmethode, die es Dir erlaubt, möglichst viel Arbeit in der Zeit umzusetzen. Dein Startgewicht ist daher 60 % 1RM/20RM. Weil du nur 5 Wiederholungen damit ausführst, kannst du nicht nur viele Sätze absolvieren, sondern auch drei Übungen im Zirkel durchführen. Das sind 15-21 Arbeitssätze pro Trainingseinheit, je nachdem wie viele Aufwärmsätze zu benötigst. Steige konservativ ins Training ein und wähle eher zu wenig Gewicht als zu viel. Am Ende der Trainingseinheit solltest Du das Gefühl haben, dass du zwar angestrengt bist, aber das Training am nächsten Tag wiederholen könntest.
Arbeitskapazität: Ein jedes minimalistisches Training sollte den Schwerpunkt auf die Arbeitskapazität legen. Das Training der Arbeitskapazität setzt gewöhnlich einen umfassenden Trainingsreiz und verbessert sowohl Kraft als auch Ausdauer.
Zusammen mit dem volumenbasierten Krafttraining sorgt der Schwerpunkt auf Arbeitskapazität gewöhnlich dafür, dass ein guter Muskelwachstumsreiz gesetzt wird.
Mobilität/Stabilität: Auch hier legt dieser Plan den Schwerpunkt auf ein hohes Trainingsvolumen. Es sind hauptsächlich dynamische Übungen mit einer moderaten Last. Im Gegensatz zu statischem oder passivem Dehnen wird so ebenfalls die Durchblutung stimuliert, aber auch der passive Bewegungsapparat trainiert.
Maßeinheiten für die persönliche Fitness
Eine der Schwierigkeiten beim Training der allgemeinen Fitness besteht darin, eine geeignete Maßeinheit zu finden. Ohne diese Maßeinheit wissen wir nicht, welchen Weg wir einschlagen sollen. Wir stellen uns dann irreführende Fragen wie "Soll ich lieber Bankdrücken oder Schulterdrücken machen?" oder "Sind Übungen mit dem eigenen Körpergewicht genauso effektiv wie Übungen mit Hanteln?" Daher möchte ich Dir in diesem Plan erklären, wie Du Deine eigene Fitness messen kannst.
Kraft: Die persönlichen großen Drei: In diesem Plan habe ich zwar bestimmte Übungen vorgegeben, aber Du könntest Bankdrücken/Schulterdrücken problemlos durch Dips ersetzen. Um die Kraft Deines gesamten Körpers zu messen, brauchst Du nur drei Übungen: eine Druck-, eine Zug- und eine Beinübung. Du musst Deine persönlichen Drei nicht für Dein ganzes Leben festlegen. Ich habe beispielsweise eine Weile lang ohne schwere Lang- oder Kurzhantel zu Hause trainiert. Meine persönlichen Drei waren Handstandliegestütze, einarmige Klimmzüge und einbeinige Kniebeugen. Ich habe mein Krafttraining an diesen Übungen orientiert. Nun trainiere ich wieder mit einer Langhantel, aber ich kann noch kein Kreuzheben oder Kniebeugen mit der Langhantel machen. Deshalb habe ich Handstandliegestütze durch Schulterdrücken mit der Langhantel und einarmige Klimmzüge durch Klimmzüge mit Zusatzgewicht ersetzt. Aber für den Unterkörper sind einbeinige Kniebeugen immer noch meine zentrale Übung. Wichtig bei den persönlichen Drei sind folgende Aspekte:
- Konstanz: Behalte einen Satz persönlicher Drei für 3-6 Monate bei. So stellst du sicher, dass es einen roten Faden für dein Training gibt.
- Beachte deine Vorlieben: Ich habe Schulterdrücken mit der Langhantel und Klimmzüge mit Zusatzgewicht gewählt, weil sie im Gegensatz zu den anderen Übungen fein skalierbar sind. Wären mir jedoch die Fertigkeiten, Liegestütz im Handstand durchführen oder einarmige Klimmzüge ausführen zu können, wichtiger, wäre ich bei ihnen geblieben.
- Beachte deine Schwächen: Jeder von uns hat bestimmte Schwächen. Einige haben immer wieder Schulterprobleme durch Bankdrücken. Anderen fehlt die Beweglichkeit im Sprunggelenk für die einbeinige Kniebeuge. Dann entfallen diese Übungen als Kandidaten. Aber: Ob du eine dieser Übungen zum Teil deiner persönlichen Drei machen willst oder nicht, in jedem Fall solltest du an diesen Schwächen in deinem ergänzenden Training arbeiten.
Die Maßeinheiten für deine persönlichen Drei sind die Höhe deiner Gewichte und im Rahmen des allgemeinen Fitnesstrainings wichtiger: das Gesamtvolumen (Gesamtwiederholungen über alle Sätze x Last) im Bereich von 60-75% 1RM. Die Muskelmasse hängt direkt vom Volumen deines Krafttrainings ab. Daher ist diese Maßzahl wichtiger als die Höhe der Last. Finde einen für dich guten Kompromiss aus der Höhe der Last und dem Volumen. Solange du aber das Gesamtvolumen im Blick behältst, bist du auf der sicheren Seite.
Arbeitskapazität: Die Leistung über 20-30 Minuten bei komplexen Trainingseinheiten. Die Arbeitskapazität in diesem Bereich hängt von der Gesamtheit deines Energiestoffwechsels ab und ist eine Maßeinheit für lokale und allgemeine Ausdauer. Dabei ist es nicht wichtig, wie genau das Training aussieht, solange es eine gleichmäßige Belastung des gesamten Körpers beinhaltet. Daher sind klassische Ausdauerübungen wie Joggen oder Radfahren nicht geeignet, da der Oberkörper dabei vernachlässigt wird. Besser geeignet sind Zirkeltrainings, kraftausdauerorientierte Einheiten mit der Kugelhantel, Ruderintervalle und Ähnliches.
Trainiere deine Arbeitskapazität vielfältig und nutze dabei eine kleine Auswahl an Trainingseinheiten, um deine Fortschritte messen zu können.
Mobilität: Hüfte und Schultern sind entscheidend. Für die Hüfte sind die wichtigsten Bewegungen der frontale und seitliche Spagat sowie die Fähigkeit, Deinen Fuß zur Stirn zu führen. Das bedeutet nicht, dass Du diese Fertigkeiten unbedingt erreichen musst. Sie sind lediglich die extremsten Endpunkte der Mobilität in der Hüfte und stehen für alle vier Richtungen der Beweglichkeit in der Hüfte. Verwende die entsprechenden Übungen für diese Fähigkeiten als Maßstab für deine Fortschritte in Sachen Mobilität und als Kontrollinstrument für mögliche körperliche Probleme. Wenn du beispielsweise bei einer Übung neue Probleme bemerkst, kann dies ein Warnsignal für eine mögliche Überlastung oder Verletzung sein.
Für die Schulter ist das Ausschultern wichtig. Die Weite Deines Griffs ist ein Maß für deine Schulterbeweglichkeit. Sei dennoch vorsichtig und versuche hier nichts zu forcieren. Schließlich möchtest du kein Zirkusartist werden.
Rumpfstabilität: Der Rumpfstabilität gebührt eine eigene Maßzahl, weil sie besonders wichtig ist. Wähle dazu eine Übung aus, die Deinen Rumpf asymmetrisch belastet. In diesem Trainingsplan ist die Übung einarmiger Farmer's Walk die zentrale Rumpfübung. Doch es könnte ebenso gut der Torture Twist oder der einarmige Unterarmstütz sein. Trainiere deinen Rumpf dennoch vielfältig durch komplexe Übungen und andere Rumpfübungen. In diesem Plan kannst du die Farmer's Walks alle paar Wochen durch eine andere asymmetrische Rumpfübung austauschen.
Zusammenfassung: Diese Maßzahlen sind allgemein gehalten. Das heißt, dass Du sie Deinen Umständen und Bedürfnissen anpassen kannst. Ob du nun Schulterdrücken oder Dips als Messinstrument für deine Oberkörperkraft verwendest, ob du nun Ruderintervalle oder ein bestimmtes Zirkeltraining nutzt, um deine Arbeitskapazität zu messen -- all das spielt keine zentrale Rolle.
Dieser Trainingsplan basiert auf einer allgemeinen Vorlage, die darauf abzielt, die Grundaspekte von Gesundheit und Robustheit abzudecken. Es ist daher nicht wichtig, welche Druckübung du im Krafttraining wählst, sondern dass du eine Druckübung trainierst. Zu Gesundheit und Robustheit gehören auch alltagsferne Fähigkeiten wie die Fähigkeit, einen Halbmarathon zu laufen oder akrobatischere Übungen wie den Handstandliegestütz zu beherrschen. Die wesentlichen drei Aspekte sind Kraft, Arbeitskapazität und Mobilität. Solange du sie in irgendeiner Form trainierst, bist du auf dem Weg zu allgemeiner Fitness.
Trainingswoche
Es sind drei aufeinanderfolgende Trainingstage, an denen du trainierst, und du trainierst insgesamt fünfmal pro Woche. Das bedeutet, dass du keine festen Tage für die Trainingseinheiten hast und beispielsweise nicht jeden Montag Kraft, jeden Dienstag deine Arbeitskapazität und so weiter trainierst.
- Woche 1
- Montag: Kraft
- Dienstag: Arbeitskapazität
- Mittwoch: Mobilität/Stabilität
- Donnerstag: Kraft
- Freitag: Arbeitskapazität
- Samstag: Frei
- Sonntag: Frei
- Woche 2:
- Montag: Mobilität/Stabilität
- Dienstag: Kraft
- Mittwoch: Arbeitskapazität
- Donnerstag: Mobilität/Stabilität
- Freitag: Kraft
- Samstag: Frei
- Sonntag: Frei
- Woche 3:
- Montag: Arbeitskapazität
- Dienstag: Mobilität/Stabilität
- Mittwoch: Kraft
- Donnerstag: Arbeitskapazität
- Freitag: Mobilität/Stabilität
- Samstag: Frei
- Sonntag: Frei
Krafttraining
A1 Kniebeuge oder Kreuzheben
A2 Bankdrücken oder Schulterdrücken
A3 Klimmzüge (oder eine Regression)
Startintervall: 60s, 10 Runden
Last: Beginne 60%1RM (20RM) und steigere Dich dann in kleinen Schritten von Trainingseinheit zu Trainingseinheit. Wenn Du Dein 20RM nicht kennst, fang leichter an, als Du denkst. Wiederholungen: 4-6
Beginne mit der leeren Stange, bzw. mit einer Vorstufe von Klimmzügen und steigere Dich je nach Tagesform innerhalb von 3-5 Runden auf Dein Arbeitsgewicht. Beim Aufwärmen darfst du bis zu 15 Wiederholungen pro Satz machen.
Arbeitkapazität
Rotiere die Einheiten durch.
Einheit 1
A1 Cat 2 Crab
30 Minuten, 15s Arbeit und 45s Pause, reduziere pro Trainingseinheit die Pause um 2s und erhöhe das Arbeitsintervall um 2s
Einheit 2
A1 Liegestütz 25% vom rMax
A2 Rudern, Ringe 25% vom rMax
A3 Kniebeuge, Körpergewicht 25% vom rMax
10 Runden, Startintervall 60s
Einheit 3
A1 Schulterdrücken, Kurzhantel, einarmig 10x
A2 Rudern, Kurzhantel, einarmig 10x
A3 Ausfallschrittgehen, 8 pro Bein (16 Schritte ingesamt)
30min AMRAP80%, Wähle das Gewicht der Kurzhantel immer so, dass Du mindestens 8 Runden schaffst
Mobilität/Stabilität
A1 Farmer's Walk links 45s
A2 Farmer's Walk rechts 45s
Startintervall 60s, 4 Runden
B1 Swivelhips 45s
B2 Spagat, vorne, dynamische Regression, links 30s
B3 Spagat, vorne, dynamische Regression, rechts 30s
B4 Ausschultern, 45s
B5 Cat-Cow 45s
Startintervall 60s, 4 Runden
Anmerkung
Dieser Beitrag ist eine Vorschau auf eine Sammlung unterschiedlichster Trainingsprotokolle, die im Band Bewegung und Mobilität und im baldigen Mitgliederbereich vorgestellt werden.
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Pontzer, H., Raichlen, D. A., Wood, B. M., Mabulla, A. Z. P., Racette, S. B., & Marlowe, F. W. (2012). Hunter-gatherer energetics and human obesity. PLoS One, 7(7), e40503. ↩
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Cordain, L., Gotshall, R. W., Eaton, S. B., & Eaton, 3rd, S. B. (1998). Physical activity, energy expenditure and fitness: an evolutionary perspective. Int J Sports Med, 19(5), 328-35. ↩