Seth Roberts Selbstexperimente II: Schlaf und Frühstück
Zusammenfassung: Schlaf und Frühstück. Ein Thema das drei Kategorien der Gesundheit miteinander verbindet: Ruhe, Ernährung und Aktivität. Nahrungs-Antizipationsaktivität heißt, dass wir in Erwartung von Nahrung aktiv werden. Diese Aktivität kann unseren Schlaf stören, wenn wir sofort nach dem Aufstehen unsere Nahrung zunehmen. So lautet die Hypothese, die wir Seth Roberts Selbstexperiment entnehmen können.
Zum ersten Experiment: Blutzucker und Gehen
Photo Credit: viralbus via Compfight cc
Vorabbemerkung: Bitte beachte, dass diese Selbstexperimente alles andere als wissenschaftlich gesicherte Sachverhalte liefern. Es können nur Anlass geben Fragen zu stellen. Es sind Hypothesen, die man auf der einen Seite wissenschaftlich und auf der anderen Seite persönlich testen kann.
Dieses Experiment hat Seth in seinem Beitrag The Growth of Personal Science: Implications for Statistics vorgestellt.
Beim Antritt einer neuen Stelle hatte Seth Probleme mit zu frühem Wachwerden. Er wachte auf und konnte dann nicht mehr einschlafen, obwohl er müde war.
Eines Tages wechselte er sein Frühstück von Haferflocken zu zwei Stücken Obst (z.B. ein Apfel und eine Banane). Er stellte fest, dass sich sein Problem verschlechterte. Während er vorher jeden dritten Tag zu früh aufgewacht ist, wachte er nun jeden Morgen zu früh auf. Er experimentierte mit verschiedenem proteinreichem Frühstück, doch nichts war besser als Haferflocken.
In einem nächsten Schritt testete überhaupt kein Frühstück zu essen. Das Problem des frühen Aufstehens verschwand nahezu völlig.
Er hatte das Frühstück beim Antritt an seine neue Stelle eingeführt, weil er sich vorgenommen hat sich gesünder zu verhalten.
Erklärung
Seth führt sein Problem auf Nahrungs-Antizipationsaktivität zurück.1 Man hat bei Tieren festgestellt, dass sie ca. drei Stunden vor der gewohnten Fütterungszeit aktiv wurden.
In der freien Wildnis heißt das aber auch, dass sie sich dorthin begeben müssen und ihr Essen erjagen und -sammeln müssen. So wird die Aktivität genauso zur Gewohnheit, wenn die Tiere zu bestimmten Zeiten es gewohnt sind Nahrung zu finden. Wenn sich Löwen beispielsweise als Dämmerungsjäger durch Afrika schlagen, ist es schon sinnvoll, wenn diese einige Zeit vor der Dämmerung wach sind, so dass diese auch Beute ausspähen und erschleichen können.
Warum sind Haferflocken besser als Obst? An dieser Stelle kann ich zunächst nur spekulieren. Meine Vermutung ist, dass der erhöhte Gehalt von Vitaminen und Mineralstoffen dafür verantwortlich sein könnte. Obst ist auch deutlich süßer als Haferflocken, was eine höhere Nahrungsbelohnung bedeuten könnte. Wir sind mit Obst viel länger in Kontakt als mit Haferflocken. Vielleicht ist die Nahrungsbelohnung für Obst epigenetisch stärker codiert.
Kategorien der Gesundheit
Die offensichtlichste Verbindung ist hier zwischen Fasten, Ernährung und Ruhe in Form von Schlaf. Das ist eine Verbindung an die ich zunächst nur oberflächlich gedacht habe. Die Essenszeiten sind ein wichtiger Einflussfaktor auf die circadiane Rhythmik. So bin ich zu dem Artikel über das Wesen von Hunger motiviert worden. Dass die circadiane Rhythmik einen Einfluss auf unsere Schlafqualität hat, liegt auf der Hand. Die Verbindung des Zeitgebers Nahrung und Schlaf habe ich erst durch Seth Roberts gesehen.
Seth Selbstexperiment legt nahe, das Frühstück auf mindestens 3h nach der gewollten Aufstehzeit zu legen. In einem Selbstexperiment kann man dies für sich selbst prüfen.
Eine andere Verbindung schlägt in die gleiche Kerbe. Ernährung und Bewegung gehören zusammen. Wenn man die Nahrungs-Antizipationsaktivität berücksichtigt, dann gehört Aktivität zeitlich vor die Nahrungsaufnahme. Durch die Forschung im Bereich Nahrungs-Antizipationsaktivität haben wir Evidenz dafür, dass dies in der Natur zumindest als Gewohnheit vorliegt. Oder anders: Es ist die natürliche Reihenfolge.
[pullquote position="right" hidden="true"]Ein Paleofrühstück ist ein Widerspruch in sich.[/pullquote]
Daraus dürfen wir noch nicht schließen, dass dies optimal ist. Nur weil etwas in der Natur so vorliegt, heißt es nicht, dass dies zu imitieren ist. Das wäre der Versuch aus einer Beobachtung einen Kausalschluss zu ziehen. Wir würden versuchen aus einer Korrelation eine Kausalität zu ziehen. Das ist nicht wissenschaftlich nicht gültig. Wir können dazu eine einfache Formulierung aus der Moralphilosophie ausleihen: Aus einem Sein folgt kein Sollen.
Das intermittierenden Fasten berücksichtigt also auch den Nahrungs-Antizipationsaktivität, besonders wenn wir gefastete Trainingseinheiten absolvieren. Ein Problem ist allerdings, dass wir zunächst in der Lage sein müssen das intermittierende Fasten überhaupt ausgleichen zu können. Übermäßiger Stress, eine schlechte metabolische Flexibilität und viele anderen Faktoren können das intermittierende Fasten ausschließen.
Man muss in diesem Fall nach dem eigenen Ermessen entscheiden, ob man nun die erste Mahlzeit des Tages aufschiebt. Die Verbesserung des Schlafs muss die Extrabelastung des intermittierenden Fastens ausgleichen.
Wie in den Alltag einbinden
Du kannst das intermittierende Fasten anpassen. Anstatt dich an einem festen Fenster zu orientieren kannst du einfach dein Frühstück nach hinten schieben. Bei jedem gibt es einen Punkt, an welchem Hunger nicht aktiv macht, sondern müde und/oder gereizt. Dieser Punkt markiert dein persönliches Fastenfenster. Nur weil Berkhan oder ich für eine bestimmte Fastenzeit plädieren heißt das nicht, dass sie auch für dich gilt. Auch die Fastenzeiten der Studien sind statistische Mittelwerte. Das heißt, dass manche mit einem längeren Fastenfenster klar gekommen wären und andere vielleicht ein kürzeres gebraucht hätten. In der Studie kommt vielleicht heraus, dass durchschnittlich ein gewisses Fastenfenster zu bestimmten Ergebnissen geführt haben. Individuelle Schwankungen sind dabei aber nicht berücksichtigt. Dein Hungergefühl soll dein Maß sein. Macht er dich aktiv, dann sei aktiv und iss' nichts. Macht er dich müde, iss etwas. Das kann eben bedeuten, dass du 2h nach dem Aufstehen deine erste Mahlzeit zu dir nimmst.
Du könntest drei Stunden nach deiner gewünschten Aufstehzeit eine kleine Mahlzeit zu dir nehmen. Das könnte eine Art natürlicher Wecker sein, wenn es funktioniert. Seth Roberts Selbstexperiment legt Obst oder andere eher süße Nahrungsmittel nahe. Du könntest mit Bananen und Erdbeeren experimentieren, ob sich dein Aufstehverhalten und -gefühl verbessert. Bananen enthalten wesentlich mehr Kohlenhydrate, während Erdbeeren (nach meinem Geschmack) süßer sind. Wenn du einen Unterschied merkst, weißt du, welche Lebensmittel deinen Morgen am ehesten versüßen. Ist es bloß der Süße Geschmack oder die Zufuhr von energiereicher Kost. Seth Roberts Experiment legt nahe, dass es der süße Geschmack ist.
Fragen
- Was stellst du fest, wenn du im Verlaufe des Morgens Obst isst?
- Ein ähnlicher Effekt wäre möglich. Hypothese: Je später du isst, desto später wirst du natürlich Weise wach. Kannst du dies bestätigen?
Wichtigsten Kommentare
- Annas Skepsis. Es gibt zu viele unbekannte Faktoren, die das Experiment verfälschen.
-
Mistlberger, R. E. (1994). Circadian food-anticipatory activity: formal models and physiological mechanisms. Neurosci Biobehav Rev, 18(2), 171-95. [abstrakt][mistlberger1994] ↩