Die Morgenroutine II - Auf Autopilot

Zusammenfassung: Während es im ersten Teil um die Vorteile der Morgenroutine im Allgemeinen ging, geht es in diesem Beitrag um die praktische Umsetzung der Morgenroutine als Gewohnheit.

Im letzten Beitrag habe ich einige Gründe für eine Morgenroutine genannt. In diesem Beitrag stelle ich Methoden vor sich eine solche Gewohnheit anzutrainieren. Wie immer bei Improved Eating ist Disziplin nur der letzte Ausweg. Ich halte es für sinnvoller sich Prinzipien unserer Psyche zu Nutze zu machen um die geistige Energie für andere Dinge aufzusparen.

Es geht um Folgendes:

Ausprägung von Gewohnheiten

  1. Glaubenssätze bewusst machen
  2. Trigger setzen
  3. Aufschreiben, was zu tun ist
  4. Starte klein

1. Glaubenssätze bewusst machen

Unser Handeln wird schlussendlich durch Glaubenssätze bestimmt. "Eigentlich wollte ich diese Schokotorte nicht essen, aber sie war so lecker" markiert nicht, dass wir etwas tun, was unseren Glaubenssätzen widerspricht. Vielmehr sind unsere Glaubenssätze widersprüchlich und in manchen Situationen setzen sich die einen durch und in manchen setzen sich die anderen durch.1

Im Falle der Morgenroutine sind Werte wie Bequemlichkeit und der drohende Beginn der Arbeitszeit die üblichen Ursachen für die Morgenmuffelei. Am Tag der Abreise in einen lang geplanten Urlaub hat interessanter Weise kaum jemand Mühe aus dem Bett zu springen.

Um hier die Widerstände zu verringern gilt es, sich den persönlichen Wert einer solchen Routine klar zu machen. Ich illustriere das mit einem Beispiel von mir:

Ich hasse kalte Duschen wie die Pest. Ich dusche mich mindestens einmal am Tag kalt. Doch jedes Mal baut sich in mir ein Widerstand auf den Temperaturregler umzudrehen.

Wenn es denn so weit ist, sage ich mir "Es ist Teil der Reise." Damit beziehe ich mich auf das zentralste Element meines Lebens. Ich versuche das in mir Angelegte zur Ausprägung zu bringen. Die kalte Dusche nach meiner morgendlichen Trainingseinheit verbessert meine Regeneration, erhöht die Aktivität der braunen Fettzellen und lässt mich mit einem wachen und klaren Gefühl zurück. Die kalte Dusche macht meinen Tag besser, macht mich besser und tut mir in langer Hinsicht (längerer Hinsicht als das negative Gefühl) gut. Die kalte Dusche ist also etwas Gutes!

Nachdem ich mir das klar gemacht habe, fällt es mir überhaupt nicht mehr schwer das Wasser auf kalt zu stellen.

Beachte, dass mir nicht einfach Dinge wie "Komm' schon!" oder "Stell' dich nicht an!" sage. Raucher wissen auch, dass sie sich nichts Gutes tun. Doch ihnen ist das Stressventil, der (eingebildete)2 Genuss der Zigarette wichtiger.

2. Trigger setzen

Auf diesen Punkt werde ich in Zukunft noch näher eingehen und mich deswegen kurz halten.

Im vergangenen Beitrag habe ich das Snooze-Verhalten erwähnt. Für dieses Verhalten gibt es einen Grund. Wenn das Verhalten zur Gewohnheit geworden ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Gewohnheit eine positive Verstärkung beinhaltet. Für das Snooze-Verhalten werden wir belohnt. Das kann die wohlige Wärme der Decke, das Aufschieben von Stress sein oder Ähnliches sein.

Man könnte sagen, dass wir in solchen Situationen keinen Grund aufzustehen und jeden Grund haben liegen zu bleiben. Das Gleiche gilt dafür die gewohnte morgendliche Routine nicht aufgeben zu wollen.

Wir brauchen einen handfesten Grund um eine Morgenroutine durchzuhalten. In dem Beitrag über Disziplin in der Ernährung habe ich bereits erwähnt und begründet, dass Disziplin nicht die Antwort auf Ernährungshürden sein kann, wenn man eine langfristige Umstellung haben will. Die Zeit gewinnt immer.

Gewohnheiten sind manchmal nicht unbedingt Ausdruck unserer Glaubenssätze, sondern schlicht und ergreifend Produkt länger andauernder Belohnung und/oder Bestrafung.

Trigger ist das englische Wort für Auslöser. Was ist also zu tun?

  1. (Nur für Snooze-Typen. Für die anderen geht es bei 2. los) Du hast gelernt, dass der Alarm vom Wecker ein bestimmtes Verhalten auslöst. Das kann die Snooze-Taste (und das entsprechend nachfolgende Verhalten) oder anderes Verhalten sein. Wenn du ein Snooze-Typ bist, dann stell' den Wecker an das andere Ende des Raums und fang' erstmal sofort an etwas zu tun, wenn du den Wecker ausgemacht hast. Steh' nicht herum oder versuch' dich zu sammeln. Du kannst dabei bedächtig sein, aber sei nicht nachlässig.
  2. Füge einen kleinen Teil der Morgenroutine an die Tätigkeit an. Für mich ist Teil meiner Morgenroutine ein Durchlauf des Sonnengruß direkt nach dem Zähneputzen. Ein kleiner Teil meint eine kleine Tätigkeit, die leicht durchzuführen ist und eine sehr niedrige Einstiegsschwelle hat. Sie sollte höchstens 2 Minuten dauern. Für viele fühlen sich diese 2 Minuten schon lang genug an.
  3. Belohne dich direkt nach der Tätigkeit. Für die Frühstücker ist es leicht. Sie können direkt danach in den leckersten Teil ihres Frühstücks beißen. Das heißt, dass man das Frühstück VORHER zubereiten muss. Als Erleichterung kann etwas dienen, was ohne Zubereitung verspeisen kann. Früchte zum Beispiel.

So hast du einen Auslöser, die Tätigkeit und die Belohnung dafür. Wenn du das eine Weile lang durchgehalten hast, dann verfestigt sich die Routine recht schnell. Dann brauchst du nur wenige Male Überwindung und Disziplin. Ich wiederhole: Disziplin ist nicht die Lösung für Probleme eines dauerhaften Lebensstils.

Diejenigen, die sich nun sagen: Das ist doch albern. Aufstehen, einfach diese blöden Sonnengrüße machen und fertig - ich gehöre eigentlich auch dazu. Doch, wenn ich mit so einer Routine anfange, steht damit auch mein Selbstbild als zielstrebiger Selbstvervollkommner auf dem Spiel. Ich würde diesem Wert nicht gerecht werden, würde ich diese neue Routine als sinnvoll erkannt und trotzdem nicht durchgeführt haben. So werden auch die Meckerer, entweder die Hürde auch bei sich selbst unterschätzen oder vergessen, dass sie andere Glaubenssätze (siehe oben) haben, die dem Scheitern an der Einführung der Routine höhere Kosten beimessen als der Durchführung.

3. Aufschreiben, was zu tun ist

Eine Morgenroutine kann, auch wenn sie nur aus einem Sonnengruß besteht, etwas undurchsichtig wirken. Schreib' lieber auf, was zu tun ist. Wenn du dir ständig unsicher bist, was zu tun ist, verbindest du vielleicht Unsicherheit mit der Morgenroutine und die Hürde sie durchzuführen wird größer. Je weniger negative und je mehr positive Dinge du mit der Morgenroutine verbindest, desto leichter wird dir die Einführung dieser Gewohnheit fallen.

Ich mag dafür Karteikarten. Sie geben mir einen Eindruck etwas Solides in der Hand zu haben, während ein einfaches Blatt Papier mehr wie ein Schmierzettel wirkt.

Der Kern hinter einer Routine ist, sie blind durchführen zu können. Das heißt, dass man immer sofort weiß, was der nächste Schritt ist. Mit einem Zettel kann man sich diesen Zustand schon mal in die Gegenwart holen, obwohl es eigentlich ja noch nicht so ist. Dann gilt es nur noch Eselsbrücken zu schaffen und sich leichter von Schritt zu Schritt hangeln.

4. Starte klein

In der Einführungsphase geht es erstmal gar nicht genau darum, was man tut. Es geht vielmehr darum, dass man es tut. Deswegen gilt es gerade am Anfang klein anzufangen und dann zu steigern. Ob nun Training, Ernährung oder Gewohnheiten. Der nächste Schritt ist entscheidend. Ich greife hier auf den dritten Teil vor: Ein einziger Durchlauf des Sonnengrußes ist ein guter Anfang.

[pullquote position="right" hidden="true"]In der Einführungsphase geht es erstmal gar nicht genau darum, was man tut. Es geht vielmehr darum, dass man es tut.[/pullquote]

Auch hier gilt das, was ich oben geschrieben habe. Je kleiner die Hürde, desto besser. Wenn du die Gewohnheit einer Morgenroutine erstmal eingeführt hast, kannst du sie immer noch erweitern.

Abschließende Worte

Gewohnheiten muss man nicht unbedingt mit Gewalt in das Leben quetschen. Es geht leichter, wenn du dir die Funktionsweise unserer Psyche zu Nutze machst.

Hier geht es weiter zum dritten Teil: Die Morgenroutine - Mobilisieren, Kräftigen, Ausbelasten Hier stelle ich möglichen Module für eine Morgenroutine vor.

Fragen

  • Was sind deine Auslöser für die Morgenroutine? Sind sie dir noch bewusst?
  • Stell' dir vor, du hättest bereits eine Morgenroutine. Wie würdest du den Start in den Tag gestalten?
  • Du hast schon eine Morgenroutine? Welche ist es?

Bilder

Photo Credit: irishwildcat via Compfight cc


  1. Anmerkung: Vor allem sind es die kurzfristig wirksamen Glaubenssätze und Motivatoren, die sich gegen langfristige durchsetzen. Wir Menschen haben meist nicht genug Weitblick um hier bewusst abzuwägen. 

  2. Das ist sachlich falsch. Genuss kann man sich nicht einbilden. So wie Schmerz und Freude sind sie da, wenn man sie eben fühlt. Ich drücke hier nur meine Meinung zum Zigarettenkonsum aus.