Extreme, Forschung und Empathie
Zusammenfassung: In diesem Blogpost lernst du, welche Rolle das Extrem für dieses Projekt hat. Mir geht es darum, nicht nur wissenschaftlich-theoretisch ein Thema zu beleuchten. Darüber hinaus brauche ich subjektive Erfahrung, um authentisch und auf Augenhöhe anderen Menschen Ratschläge zu geben.
Im heutigen Beitrag will ich zu einer Klasse von Kommentaren Stellung nehmen, wie sie in aller Regelmäßigkeit hereintröpfeln:
Ist es nicht ein bisschen zu extrem?
Meine erste Entgegnung: Ist das Extrem etwas an sich Schlechtes? Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Extreme an sich nicht negativ sein kann. (Sorry Aristoteles)
Allerdings steckt hinter dieser Frage ein Verweis auf Kosten und Risiken und eine andere Frage: Muss man so weit gehen, damit man auf einen positiven Effekt hoffen darf?
Ich antworte nicht direkt auf diese Fragen. Ich will das Extreme in den Kontext dieses Projekts bringen. So sind hoffentlich einige Unklarheiten beseitigt, die Anlass dieser Frage sind.
Vier Säulen meiner Erkenntnis
- Anekdoten, Geschichten, Erfahrungsberichte. Bei aller Wissenschaftlichkeit sollte man den Wert dieser Art der Informationen nicht unterschätzen. Ich nutze diese oft als Ausgangsbasis für wissenschaftliche Recherche. Deswegen verfolge ich viel Plattformen (Facbookgruppen, Foren, Blogs, Youtube-Kanäle) mit großem Interesse.
- Empirie. Das ist es, was die meisten Menschen mit Wissenschaftlichkeit meinen. Es geht hier um Studien und Versuche. Das ist einer der wichtigsten Säulen, doch Wissenschaftlichkeit erschließt nicht in dieser Säule, auch wenn Mediziner und Naturwissenschaftler ihre Romantik von doppelblinder, randomisierter, placebokontrollierter Sicherheit verkaufen wollen.[^skepsis]
- Theorie. In der Modellierung der Realität liegt eine ganz zentrale Tätigkeit, wenn nicht die zentralste Tätigkeit, von Erkenntnis. Empirie kann nur sagen, dass etwas vorliegt. Theorie beantwortet den ganzen Rest: Warum liegt etwas vor? Was ist der zu Grunde liegende Mechanismus? Wie sicher ist die Aussage? Was sind die Bedingungen für einen Sachverhalt oder ein Ereignis.
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Subjektive Erfahrung. Das ist der Grund, weshalb ich viele Dinge ausprobiere und eigene Erfahrungen suche. Es ist eine Quelle von Informationen, die sich grundsätzlich von den anderen unterscheidet. Ich habe so nicht nur die Mächtigkeit einer der drei anderen Säulen vergrößert. Ich habe eine zusätzliche Säule geschaffen, auf die ich mein Gedankengebäude stützen kann. In diesem Projekt erschaffe ich keine Theorie, die von mir losgelöst ist. Ich konstruiere Thesen und Aussagen, die sich zwar auf fremde Erfahrung, Wissenschaft und Theorien stützen, aber, so wie jeder, hat mein subjektives Erleben einen Einfluss auf das Ergebnis. Anstatt nun die Subjektivität zu verdrängen, wie es die naive Forderung nach objektiver Wissenschaftlichkeit fordert, nehme ich sie wahr und beziehe sie offen in meine Überlegungen ein.
Erfahrung bringt Empathie?
Wenn ich einem übergewichtigen Menschen, der seit vielen Jahren ein Leben in Inaktivität führt, sage, er soll ein Intervalltraining durchführen, setze ich ihn vor allem einer enormen psychischen Belastung aus.
Eine Lücke im Verständnis von Trainings-, Therapie und Ernährungsmaßnahmen entsteht durch die Annahme, einen physiologischen Effekt direkt zu erzeugen. Du hast Übergewicht? Dann iss' weniger Kohlenhydrate, damit dein Insulin runtergeht. (Unabhängig davon, ob das nun so richtig ist oder nicht)
Eigentlich instruiert man jedoch Verhalten und damit muss man sich als erstes mit den verhaltenspsychologischen Elementen der Forderung auseinandersetzen.
Wenn ich also von dem oben genannten Menschen verlange, dass er sich dieser oder jener Belastung aussetzen soll, setze ich ihn oder sie einer extremen, psychischen Überforderung aus.
Als Trainer redet man dann oft von dem inneren Schweinehund, den man überwinden muss. Doch weil man als Trainer, (hoffentlich) relativ fit ist, und diese Anstrengung kennt, kann dieser nicht von sich behaupten, wirklich zu verstehen, was der Trainierende gerade durchmacht.
Es hilft auch nicht viel, wenn man früher mal ein paar Erfahrungen in dieser Hinsicht gemacht hat. Erfahrung verblassen recht schnell zu Erinnerungen.
So hilft es mir enorm, dass ich in meinem Ausdauertraining extreme Erfahrungen gesucht habe und immer noch suche. Ich erfahre regelmäßig, wie das Gefühl der Panik einsetzt, weil der Körper sich einer übergroßen Belastung ausgesetzt fühlt. Das Gefühl aufhören zu müssen halte ich mir durch einige Trainingsmaßnahmen wach, so dass ich dann auf gleicher Ebene mit vielen Menschen interagieren kann, ohne vom hohen Ross eine Predigt von inneren Schweinehund zu halten. Das ist mir wichtig.
Muss ich extreme Dinge machen, um meine Ziele zu erreichen?
Nein. Die Konzepte, die ich hier entwickle, sind für alle alle Menschen skalierbar. Das ist einer der zentralen Aussagen meines Vergleichs von Leistungssportlern und chronisch Kranken.
Du musst einfach nur einen kleinen Schritt in Richtung deines Ziels machen und aufmerksam beobachten, wie du und dein Körper sich verändern. Das machst du so lange, bis du dein Ziel erreicht hast.
Dieses Projekt ist ein Menü oder ein Werkzeugkasten. Du suchst dir dir Dinge aus, die für dich relevant sind.