Trink KEINEN Bulletproof Coffee!
Zusammenfassung: Der Bulletproof Coffee ist ein Trend und wurde von der Paleogemeinde gefeiert. Haben wir nicht gelernt, dass Fett unser Freund ist? Nicht in diesem Fall. Leere Kalorien, Herzattacken und Blutverfettung sind Thema dieses Blogartikels.
Der Bulletproof Coffee, der kugelsichere Kaffee, ist in aller Munde.1 Dave Asprey hat ihn erfunden oder eher aus Tibet importiert und diese Art der Kaffeezubereitung erfreut sich einer unglaublichen Beliebtheit.
Was ist der Bulletproof Coffee (BPC)?
- Eine Tasse Kaffee
- 1-2 Esslöffel MCT-Öl
- 1-2 Esslöffel grassgefütterte Butter
Für weitere Informationen verweise ich auf den Artikel How to Make Your Coffee Bulletproof®…And Your Morning Too.
Von den Biohackern ausgehend hat sich diese Machart des Kaffees in alle Richtungen ausgebreitet und vor allem auch in der Paleo-Szene festgesetzt.
Nun ist es an der Zeit diesem Trend auf den Zahn zu fühlen.
Photo Credit: Jeremiah Ro via Compfight cc
Mikronährstoffdichte?!
Wenn wir die Menge der Energie eines BPC beachten, dann können wir sagen, dass wir eine ganze Mahlzeit in einer Tasse wiederfinden.
Viele trinken morgens einfach eine BPC und ersetzen dadurch eine Mahlzeit. Doch so ersetzt man eine potentiell nährstoffreiche Mahlzeit durch eine nährstoffarme Mahlzeit. Butter enthält zwar ein wenig fettlösliche Vitamine, ist aber ansonsten arm an Mikronährstoffen. Den Vergleich mit ganzen Eiern hält Butter nicht im Ansatz stand. Wenn du eine von drei Mahlzeiten durch einen Bulletproof Coffee ersetzt, reduzierst du deine Mikronährstoffaufnahme schon fast ein Drittel.
Zu behaupten, dass Butter “voll die Nährstoffbombe” fettlöslicher Vitamine sei, ist schlicht und ergreifend falsch. Vergleich einfach mal 100g Butter und 100g Eier.
Bedenke, dass wir immer noch die reale Situation vergleichen sollten. Kaum jemand jemand nimmt mehr als 50g Butter. 100g Eier wären zwei kleine bis mittlere Eier. Vergleichen wir zwei halbwegs realistische Situationen:
- Bulletproof Coffee = 50g Butter 20g MCT-Öl
- 5 gekochte Eier mit Spinat und Paprika
Es steht völlig außer Frage, welche dieser beiden Mahlzeiten eine höhere Mikronährstoffdichte hat, egal ob pro Kalorie oder Gewicht.
MCT-Öl liefert leere Kalorien
MCT-Öl, das von Dave Aspery empfohlen wird, ist auf der gleichen Stufe wie Zucker anzusiedeln. Es ist ein hochraffiniertes Produkt ohne jede Form von Mikronährstoffen. Damit fällt es unter die Kategorie "leere Kalorie".
Nun mag einer einwenden, was für eine super Energiequelle mittelkettige Fettsäuren sind. Schließlich schießt die Produktion von Ketonkörpern in die Höhe und die sind super, nicht wahr?
Energie durch Makronährstoffe ist nicht alles und schon gar nicht gleichbedeutend mit physiologischer Energie. Hast du Magnesiummangel sinkt der Energiestatus der Zelle.2 Das liegt daran, dass ATP in der Zelle immer an Magnesium gebunden vorliegt. Ohne Magnesium keine Energie.
Deswegen erwähne ich, dass auch MCT-Öl auch leere Kalorien sind, obwohl ich dies eigentlich schon im ersten Punkt impliziert habe. Es ist wichtig eine optimale Balance zwischen Makro- und Mikronährstoffen zu haben. Der Bulletproof Coffee hilft da nicht.
Fett Overload
Es ist unsicher, ob eine extreme Erhöhung von gesättigten Fettsäuren vom Körper gepuffert werden kann. Gesättigte Fettsäuren in der Ernährung sind nicht mit Herzkrankheiten assoziiert.3 Sie als die Täter der modernen Krankheitsmisere darzustellen ist schlicht und ergreifend falsch.4 Daraus aber zu folgern, dass der BPC völlig unproblematisch ist, ist falsch. Ein Huhn ist ein Vogel, aber ein Vogel ist kein Huhn.5
Analog dazu, kann man sich das am Beispiel von Fructose orientieren: Früchte sind einhellig positiv mit Gesundheitsmarkern korreliert. Fructose ist kein reines Gift, sondern nützt dem Körper sogar in mancher Hinsicht.
Wenn wir jedoch Fructose aus seinem natürlichen Kontext herauslösen und als Haushaltszucker verspeisen, haben wir all die Probleme, welche dem Zucker zugeschrieben wird. Es ist nicht der Zucker an sich, sondern der Zucker, der aus seinem Kontext in einem Nahrungsmittel gelöst wurde.
Mit Butter verhält es sich so ähnlich. Fett im Kontext ist unproblematisch. Einer dieser Kontexte für Milchfett sind intakte Milchfettglobuli. Das Fett in der Milch ist nämlich in kleinen Kügelchen zusammen mit Protein organisiert.
Rosqvist et al.6 haben ihren Probanden Milchfett entweder Schlagsahne oder Butter gegeben. Während Schlagsahne noch relativ viel intakte Globuli hat, enthält Butter von allen Milchprodukten den geringsten Anteil.
Während die Buttergruppe eine Verschlechterung ihrer Blutfettwerte erfuhr, blieb die Schlagsahnegruppe davon verschont.
Wir haben sogar eine Studie, die so etwas Ähnliches, wie einen BPC untersucht hat:
Ein Forscherteam untersuchte die Wirkung eines Glas Sahne auf Patienten mit Herzerkrankungen. Sie ließen sie dieses Glas auf nüchternen Magen trinken.7
Dabei stellten sie folgendes fest:
- Ein hoher Zustrom von Chylomicrons (Fetttransporter), was zu erwarten war.
- Das Blut konnte weniger Sauerstoff transportieren.
- Es gab Verklumpungen der roten Blutkörperchen.
- Die Patienten hatten Angina-Attacken. (Herzstechen als Vorbote von Herzinfarkt)
Es gibt eine Reihe von Eigenschaften dieser Studie, die wir beachten müssen.8
- Es sind keine gesunden Patienten. Vielleicht haben diese Patienten mit höherer Wahrscheinlichkeit einen schlechteren Fettstoffwechsel.
- Eine ketogene oder kohlenhydratreduzierte Kost könnte diese Reaktion verändern.
- Ist dies nur ein kurzfristiges Problem?
Denise Minger rudert nach ihrer Analyse zurück und sagt, sie wolle damit nicht sagen, dass der Bulletproof Coffee für einen gesunden Menschen schädlich ist, und reduziert ihre Aussage auf die Voraussetzungen dieser Studie: Für einen Herzpatienten ist das keine gute Idee.
Während sie sich wissenschaftlich absolut korrekt verhält, glaube ich nicht, dass man diese Ergebnisse für gesunde Menschen unter den Tisch fallen lassen kann.
Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein, heißt es in der Bibel. Wer von euch kann schon sagen, dass er 50g Butter, flüssig getrunken, metabolisch verarbeiten kann? Der trinke seinen ersten BPC.
Verhältnisse von Fettsäuren
Gesättigte Fettsäuren sind kein Problem an sich. Aber der Kontext ist entscheidend. Je weniger Kohlenhydrate du isst, desto besser ist die Toleranz für die gesättigten Fettsäuren. Palmitinsäure zum Beispiel ist eine der gesättigten Fettsäuren und reduziert die Insulinsensitivität.
Es ist gut, dass das Insulinsignal in den Muskeln reduziert wird, wenn du wenig Glucose zur Verfügung hast. So verschiebt sich der muskuläre Energiestoffwechsel in Richtung Fettverbrennung. Bei einer ketogenen Ernährung wäre dies zum Beispiel gut.
Doch bei den meisten Leuten ist dies nicht der Fall. Wenn wir einen Bulletproof Coffee trinken, werden wir für eine relativ lange Zeit erhöhte Fettsäuren im Blut haben. Das gilt insbesondere für die, welche in der Zeit nach dem Kaffee körperlich inaktiv sind. Das sind übrigens die Meisten.
Wir greifen durch den BPC in die Regulierung des Fastenstoffwechsels ein. Diese Signale sind für zwei Situationen wichtig:
- Eine hohe Zufuhr von Protein und Fett. Zum Beispiel bei einer Monsterportion Fleisch.
- Gar keine Zufuhr von irgendwas. Das nennt sich dann fasten.
Wir greifen hier ein und stören die Regulation. Wenn du eine massive metabolische Flexibilität hast, wirst du damit irgendwie umgehen können, doch diese haben die allerwenigsten Menschen.
Nachdem diesem riesigen Fettstrom kommt die Mittagsmahlzeit: Süßkartoffelchips. Ist super paleo, aber auch ziemlich hochglykämisch. Ich wage zu behaupten eine ausgesprochen gute metabolische Flexibilität zu haben, doch das wäre auch für mich zu heftig.
Schädigung der metabolischen Flexibilität?
Dieser Punkt ist mir gerade beim Korrigieren dieses Beitrags eingefallen.
Wenn du dich daran zurückerinnerst, wie die metabolische Flexibilität kaputt geht, steht die Hypothese fest, ob der BPC nicht auch eine besondere Gefahr darstellt.
Kurz: Wenn sich Fette unverarbeitet in der Zelle ansammeln entsteht Insulinresistenz. Das heißt, dass die Verfügbarkeit der Fette mit der Kapazität und der Verarbeitung in der Zelle im Gleichgewicht sein muss. Durch den BPC erhöhst du massiv die eine Seite der Gleichung, doch kannst du so viel Fett puffern?
Wenn nicht, droht die Abwärtsspirale in Richtung metabolischer Inflexibilität. Dann bist du krank.
Abschließende Worte
Keine Mikronährstoffe, leere Kalorien, unverhältnismäßig viel Fett und dann auch noch im falschen Kontext. Der Bulletproof Coffee heißt hoffentlich nur so, weil man eine wirklich kugelsichere metabolische Flexibilität haben muss, damit die Rechnung aufgeht.
Reflexionsfragen
Keine. Frag dich einfach, ob es wirklich eine kluge Entscheidung ist Butter zu trinken.
-
Ich fühle mich gerade besonders witzig. :) ↩
-
B M Altura, A Gebrewold, B T Altura, and N Brautbar (1996): Magnesium depletion impairs myocardial carbohydrate and lipid metabolism and cardiac bioenergetics and raises myocardial calcium content in-vivo: relationship to etiology of cardiac diseases, Biochem Mol Biol Int 6, 1996, Vol. 40, S. 1183-90. abstrakt ↩
-
Siri-Tarino, P. W., Sun, Q., Hu, F. B., & Krauss, R. M. (2010). Meta-analysis of prospective cohort studies evaluating the association of saturated fat with cardiovascular disease. Am J Clin Nutr, 91(3), 535-46. abstrakt ↩
-
Oder wie ich es lieber ausdrücken würde: Es wäre absolut unwissenschaftlich und verletzt jede Form von Verantwortlichkeit einer rationalen Wahrheitsfindung. ↩
-
Beachte: Der Versuch gesättigte Fettsäuren mit Herzkrankheiten in Verbindung zu bringen, basiert auf epidemiologischen Daten. Aus Korrelation folgt keine Kausalität. Dieser Versuch alleine basiert schon auf einem Fehlschluss (“cum hoc ergo propter hoc”). Aus diesem Fehler zu folgern, dass der BPC unproblematisch ist, ist sogar noch falscher, wenn es einen Komparativ von “falsch” gibt. ↩
-
Rosqvist, F., Smedman, A., Lindmark-Månsson, H., Paulsson, M., Petrus, P., Straniero, S., Rudling, M., Dahlman, I., & Risérus, U. (2015). Potential role of milk fat globule membrane in modulating plasma lipoproteins, gene expression, and cholesterol metabolism in humans: a randomized study. Am J Clin Nutr, 102(1), 20-30. abstrakt ↩
-
Kuo PT, Joyner CR, and Jr. (1955): Angina pectoris induced by fat ingestion in patients with coronary artery disease: Ballistocardiographic and electrocardiographic findings, Journal of the American Medical Association 12, 1955, Vol. 158, S. 1008-1013. abstrakt ↩
-
Siehe den Vortrag von Denise Minger. Hier habe ich die Studie entdeckt. https://www.youtube.com/watch?v=KFfK27B\_qZY ↩