Kochen als Habitus

Zusammenfassung: Kochen ist eine wichtige Gewohnheit für die gute Ernährung. Wer nicht kocht, gibt die Kontrolle über die Nahrungszubereitung und -auswahl an Dritte ab. Kochen kann eine Bereicherung für das Leben sein, auch wenn man dies nicht zur Kunst erhebt.

Kochen gehört in jedermanns Alltag

Kochen ist essentiell für die Ernährung

Wer nicht selbst kocht, der muss anderen die Zubereitung seiner Lebensmittel überlassen. Das kann zu verschiedenen Problemen führen:

  1. Man wohnt bei den Eltern. Zuhause ist meist Hausmannkost angesagt. Wenn man sich auf eine spezielle Weise ernähren will, kann einem die Abhängigkeit von der familiären Versorgung eine zusätzliche Hürde bedeuten.
  2. Man beginnt bereits vorgefertigte Lebensmittel zu essen. Ein häufiges Phänomen, insbesondere bei frisch auszogenen Junggesellen, ist die zügige Umstellung auf eine Pizza-Wurstbrot-Ernährung. Je weniger man selbst machen muss, desto besser.
  3. Man beginnt sich viel unterwegs zu kaufen. So gibt man Kontrolle für die Nahrungsmittelauswahl ab. Unterwegs zu essen heißt in den meisten Fällen Fastfood zu essen.

Allen Punkte ist vor allem eine Sache gemeinsam. Man gibt Entscheidungsgewalt ab. In meinem letzten Beitrag habe ich dafür argumentiert, dass Entscheidungsmöglichkeiten zentrale Stolpersteine für eine gute Ernährung sind. Doch der Ausweg daraus ist, die Möglichkeiten für eine schlechte Ernährung zu beseitigen. Obige Lösungen führen entweder zwangsweise oder wenigstens mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von dem Weg, den man für sich entschieden hat ab.

Besonders von Bodybuildern kann man über die Wichtigkeit lernen und wie man dieses Ritual umsetzt.

Kochen als Habitus

Wer nicht selbst kocht, muss es von anderen erledigen lassen. Die anderen sind meist Industrie und Imbissbuden.

Es ist wichtig sich Kochen zur Angewohnheit zu machen. So kann man verschiedenen Hürden des Lebens begegnen und die Ernährung gegen verschiedenste Einflüsse widerstandsfähiger machen:

  1. Kochen schützt vor verarbeiteten Produkten. Wer kocht, der reduziert den Anteil an industriell verarbeiteten Produkten. Das ist die Kategorie von Nahrung, welche die meisten Problem verursacht.
  2. Vorkochen schützt vor fast allem. Vorkochen heißt nicht, dass man Extrazeit investieren muss. Man kocht eben die doppelte oder dreifache Menge und packt die überschüssigen Portionen für unterwegs oder auch nur den nächsten Tag ab. So schützt man sich vor den Imbissbuden, die unterwegs locken, oder auch der Müdigkeit des nächsten, anstrengenden Tages.
  3. Kochen als Ritual der Würdigung des Essens. Ich selbst koche täglich, mindestens jeden Abend. Weil ich mich nach einer abgewandelten Form des intermitterenden Fastens ernähre, nehme ich die größte Mahlzeit des Tages am Abend ein. Für mich ist das Kochen am Abend ein Ritual, dass den Tag abschließt. Entweder koche ich mit meinem besten Kumpel oder alleine, während ich nebenbei eine Folge von Game of Thrones ansehe. Kochen heißt für mich den Tag abzuschließen. Kochen ist für mich so kein weiterer Stressfaktor, obwohl ich nicht mit dem Spaß eines Gourmets koche. Kochen ist für mich sogar integraler Bestandteil meines Stressmanagements.
  4. Kochen als Selbstverpflichtung zur Gesundheit. Die Phrase "Ach so, dann kochst du viel" höre ich oft, wenn ich nach meiner Ernährung gefragt werde. Dahinter steckt die klassische Haltung "Boah, dann muss ja nocht etwas tun." Nichts zu tun scheint ein erstrebenswertes Gut zu sein. Für mich ist Kochen eine Bereicherung. Es ist für mich ein äußeres Anzeichen dafür, dass ich mich selbst um meine Gesundheit kümmere.

Praxisbezug

  • Mache dir Gedanken darüber, was Kochen für dich bedeutet. Ist es für dich eher zusätzliche Belastung? Dann solltest du dich auf deine Werte rückbesinnen. Wenn du an das Kochen denkst, denke daran, dass es dich zu einer guten Ernährung befreit.
  • Hast du Rituale, die mit der Nahrungszubereitung verbunden sind? Wenn nicht, führe unbedingt welche ein. Gute Ernährung kann nur gelingen, wenn sie Bestandteil deiner persönlichen Bedeutungsstruktur ist. Kochen gehört zu deiner Ernährung. Nimm' das Zubereiten deiner Mahlzeit als Gelegenheit wahr zu denken. Es ist eine Auszeit, die du für dich in Anspruch nimmst.

Videobonus

Das Video war der eigentliche Anlass für diesen Beitrag. Jamie Oliver hält einen sehr guten Vortrag darüber, wie wir uns von unserem Essen entfremdet haben. Das ist einer der wichtigsten Aspekte, wenn es um die gute Ernährung geht. Die meisten Menschen fragen nach dem "Was" der Ernährung. Sie wollen wissen, welche Makronährstoffe, welche Lebensmittel und welches nächste Supersupplement sie brauchen. Eine gute Ernährung scheitert in den allermeisten Fällen an der Bedeutung, die wir dem Essen beimessen, an dem Stress, dem wir heutzutage ausgesetzt sind. Was wir essen sollen, ist eine wichtige Frage. Doch das Problem ist viel grundsätzlicher. Jamie macht das auf sehr gekonnte Weise klar.

Fragen

  • Ist Kochen für euch eher eine Bereicherung oder eine Belastung?
  • Was sind eure Strategien Kochen in den Alltag zu integrieren?
  • Ist Kochen für euch Mittel zu Zweck oder auch selbst Bedeutungsträger?

Fotos

Photo Credit: Jay DeFehr via Compfight cc