Ich bei Joseph Bartz - Einleitung

In medias res: Nachdem ich drei Tage bei Joseph Bartz verbracht habe, musste ich die Erfahrung erstmal sacken lassen. Joseph hat mir und den anderen beiden der Trainingsgruppe gesagt, dass wir wahrscheinlich verwirrt sein werden und das auch gut und wichtig ist. Das war bei mir nicht so. Für mich spielen dabei zwei Aspekte eine Rolle:

  1. Joseph ist ein sehr guter Didaktiker. (Wuummm, WUUUMMMM,…)
  2. Ich habe eine große Werkzeugkiste der Reflexion.

Damit ich meine Heimfahrt besonders angenehm verbringen konnte, hat die grandiose deutsche Bahn mir direkt einige Stunden zusätzliche Zeit verschafft, sodass ich in der ruhigen und romantischen Stimmung des Mindener Hauptbahnhofs mein Notizbuch bis in die Nacht hinein prügeln konnte.1

Obwohl ich nicht verwirrt war, musste ich die Erfahrung sacken lassen. Meine Fragen, die ich an diese Situation, diese Phase meines Lebens und vielleicht sogar an das Universum selbst gestellt hatte, waren noch alles andere als beantwortet.

Worum geht es? Es geht um Bewegung. Meine erste große Frage war, wie weit nach außen soll ich mich treiben lassen? Erinnern wir uns an die Kreise der Bewegung.

Jeder Kreis hat seine spezifischen Vor- und Nachteile. Die Bewegungsperspektive, so wie sie Joseph vermittelt, bedeutet, viel Zeit und Energie zu investieren. Zeit und Energie, die ich in andere Arbeit verwenden könnte.

Es gibt keinen Grund, weshalb der eine Kreis dem anderen moralisch überlegen sein sollte. Bei aller Sympathie oder Antipathie kann man Crossfit und Bodybuilding eine lange Zeit praktizieren und bei richtiger Durchführung grundsätzlich das ganze Leben lang. Nur weil wir mit jedem neuer Schicht im Kreis der Bewegung an Komplexität gewinnen, heißt das nicht, dass dahinter ein grundsätzlicher Imperativ steckt. Es gibt gute Gründe dafür und dagegen, je nachdem, in welcher Lebensphase man sich befindet.

Ausgehend von dieser Erfahrung konnte ich einige Einsichten für mich generieren und die Faszination für diese neue Bewegungsperspektive, die Ido Portal wie ein Wanderprophet durch die Welt trägt, besser verstehen — und besser verstehen, wann die Faszination nur auf dem kleinen und bewusst ausgewählten Ausschnitt basiert, den man in der Öffentlichkeitsdarstellung findet.

Wichtig für die Überlegungen, die ich in den nachfolgenden Tagen hier mit euch teilen werde, ist ein Gedanke, den Joseph in seinem Aufsatz Short History of a Group Name ausführt.

In short, we were talking about what is of actual importance to us and our community. Is movement the end goal of what we are doing? Or is movement more of a vessel that helps us stay afloat in a sea of metaphysical, or you could say spiritual, ideas? Should we actually care about a handstand? Or gaining more strength? Or being able to flow across the floor? Or should we not? Should we keep a skeptical distance to these things? Dancing with the ideas without getting absorbed by them.

Und weiter:

Six times a week I offer the possibility to forget the absurdity of our existence for two and a half hours.

Joseph stellt in diesem Artikel eine Frage, in die ich mich erstmals vor acht Jahren versenkt habe. Es gibt viele Versionen der Frage und daher viele Antworten, die sich nicht einmal auf den zweiten Blick mit der gleichen Sache zu beschäftigen scheinen. Doch wenn man alle bereits gefällten Urteile aufhebt, auflöst und vernichtet, kommt man zu der Einsicht, dass Buddha aus dem gleichen Grund erleuchtet wurde, aus dem Nietzsche sich in den Wahnsinn erkannt hat.

Wenn man Fragen wirklich ernst nimmt, werden sie wichtig, egal auf was sie sich richten. Relevanz wird entschieden. Man kann sich schnell mit einer einfachen Antwort zufrieden geben und in dumpfer Zufriedenheit den Rest seines Lebens recht angenehm verbringen. Nimmt man sie ernst, wird es schwierig und nimmt man sie äußerst ernst, gewinnen die Gedanken schnell eine schmerzhafte Intensität. Das ist gut, denn dort wo Intensität ist, wo Widerstand und Schmerz auf einen Warten, da ist man lebendig.

Meine Gedanken richten sich auf Teilaspekte von Bewegung:

  • Wie verbringe ich meine Zeit?
  • Ist mir mein Aussehen wichtig?
  • Will ich einen Lehrer haben oder lieber mein eigenes Ding machen?
  • Wie mache ich meine Arbeit?

Das sind für mich und für viele andere Menschen wichtige Fragen, doch ich zitiere Bruce Lee:

Don't think. FEEL. It's like a finger pointing at the moon. Do not concentrate on the finger, or you will miss all of the heavenly glory.

Auch Fragen sind Äxte für das gefrorene Meer in uns. Aber es ist eine Frage der Einstellung, ob man das Eis durchschlägt oder nur die Oberfläche verkratzt.


  1. Die Mitarbeiter der deutschen Bahn waren dagegen extrem nett, hilfsbereit und haben mich gerettet. Vielen Dank!