Gesundheit und Robustheit

Zusammenfassung: Gesundheit ist ein Begriff, der Schwierigkeiten macht. Er ist unklar oder unzureichend, verdeckt den eigentlich desolaten Zustand der angeblich normalen Bevölkerung und vermischt Mittel und Zweck.

Gesundheit im Bild

Die übliche Definition von Gesundheit ist die Abwesenheit von Krankheit. Das Problem dieser Definition ist, dass sie nicht ausreicht. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) schreibt:

Die Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen. Quelle

Genau genommen ist dieses Problem aus drei Quellen gespeist:

  1. Gesundheit ist der zentrale Begriff - Dreh- und Angelpunkt der Debatten um Ernährung, Sport und Lebenswandel. Andere Begriffe wie Resilienz oder Robustheit werden höchstens Synonym zur "Gesundheit" verwendet. Dabei haben sie eine andere und wichtige Bedeutung für uns.
  2. Normalerweise wissen wir nicht, was es heißt wirklich gesund zu sein.
  3. Wir trennen Gesundheit von Fitness oder Leistungsfähigkeit. Wir trennen insbesondere Maßnahmen, die auf die Gesundheit abzielen, und diejenigen, die auf die Leistung abzielen.

1. Robustheit und Gesundheit

Welche Relevanz hat Gesundheit? Warum ist sie uns wichtig? Wenn man sich die Begründungen ansieht, findet man vor allem diese Arten der Begründung:

  1. Ich will, dass es mir gut geht.
  2. Ich will lange leben.
  3. Ich will mit meinen Kindern spielen, Klettertouren machen, Reisen usw.

Die erste Begründung ist Ausdruck einer akuten Momentaufnahme. Geht es uns gut? Alles noch dran, nichts gebrochen? Dann ist alles gut. Wir empfinden Gesundheit in diesem Augenblick. Doch unsere Selbstwahrnehmung ist durch unser Leben hochgradig gestört. Mehr dazu im zweiten Punkt Unsere gestörte Selbstwahrnehmung.

Die zweite Begründung ist Ausdruck unserer Erkenntnis, dass wir sterblich sind. Sie taucht eher in der zweiten Lebenshälfte auf, wenn wir immer mehr mit den Gebrechen des Alters zu tun haben. Mein alter Geschichtslehrer hat mal gesagt:

Sie glauben jetzt zu wissen, worauf es im Leben ankommt: Spaß, Action, Sex. Doch am Ende werden sie feststellen, dass es nur wichtig ist möglichst lange zu leben.

Die dritte Begründung ist auf der einen Seite sehr schlecht, weil sie sich nicht auf die Gesundheit bezieht. Genau genommen bezieht sie sich auf Fähigkeiten, die Ausdruck unserer Fitness sind. Um Dinge zu tun brauchen wir Geschicklichkeit (Mit Kinderns spielen), Kraft (Klettertouren) und Ausdauer (Reisen). Hier beginnt dann die Unklarheit. Ab wann steigert man durch Training seine Gesundheit und wann geht es nur noch um um die Leistungsfähigkeit? Auf der anderen Seite ist sie gut, weil sie auf echte Lebensqualität abzielt.

Lebensqualität ist das eigentliche Ziel unserer Bemühungen.

Gesundheit ist nur ein Mittel aber niemals Zweck. Es geht um Wohlbefinden, ein langes Leben (Gruß an meinen Geschichtslehrer) und um Handlungsfreiheit.

Daher verwende ich den eigentlich defizitären Gesundheitsbegriff:

Gesundheit ist die Abwesenheit von Krankheiten und Gebrechen.

Dazu benutze ich aber einen weiteren Begriff:

Robustheit ist die Fähigkeit den gesunden Zustand zu halten.

Robuste Gesundheit ist das zentrale Mittel um unser Leben zu leben.

Bin ich gesund? sollte eigentlich nun leicht beantwortbar sein, oder? Man fühlt in sich hinein und denkt: "Naja, mir fehlt nix. Ich denke, ja."

Doch leider ist dem nicht so.

2. Krankheit als Norm

Eines sage ich den Beratungen, die ich gebe, sehr regelmäßig:

Du kannst nicht entscheiden, ob du gesund bist, weil du noch nie erfahren hast, was Gesundheit ist.

Die Behauptung Ich bin gesund. ist nur vor dem individuellen Erfahrungshintergrund zu verstehen. Ich erlebe es immer wieder, dass Menschen behaupten, sie seien gesund und gleichzeitig haben sie

  • regelmäßig Kopfschmerzen
  • IMMER Mittagsmüdigkeit
  • ein paar Allergien
  • regelmäßig Verspannungen und Rückenschmerzen
  • Menstrationsbeschwerden
  • können nicht joggen, weil ihre Knie sich nach zwei Wochen entzünden

Paul Chek erzählt in einer Fragerunde, dass er seine 20-jährigen (Elite-)Athleten aussticht, genauso schnell laufen wie in der Highschool und sogar noch stärker ist. Sein Kommentar dazu:

I'm normal. Humanity is sick. I'm just trying to get everybody to become normal. - Paul Chek

Hier liegt für mich der eigentliche Wert der so berühmten 30 Tage (30 Tage Steinzeiternährung ausprobieren). Man erhält einen kleinen Einblick darin, wie man sein kann. Ich schreibe mit Absicht wie man sein kann nicht wie man sich fühlen kann.

Mit dieser Wahrnehmungsproblematik geht einher, dass wir nur noch einen Körper haben. Doch wir sind dieser Körper. Wir haben ihn nicht nur. Wir haben ein so entgrenztes Verhältnis zu unserem Körper, dass sich eine ausgrenzende Spracheform eingeschlichen hat.

Wenn wir ehrlich sind, kommt der Satz Ich habe keinen guten Körper leichter über die Lippen als Ich bin körperlich nicht so gut.

[pullquote position="right" hidden="true"]Du kannst nicht entscheiden, ob du gesund bist, weil du noch nie erfahren hast, was Gesundheit ist.[/pullquote]

Damit geht auch einher, dass wir akzeptieren, dass wir im Alter unsere Gebrechen kriegen. Mit 50 können wir kaum noch joggen und jemand der es kann, gilt als sehr fit. Doch das zu können ist normal im eigentlichen Sinne. So sollte es sein und alles, was darunter geht halte ich für einen Ausdruck von Krankheit.

3. Gesundheit oder Fitness?

Ab wann ist ein Training gesundheitsorientiert und ab wann beginnt der Fitnessbereich? Gibt es da eine bestimmte Menge am Muskeln, die man zulegen darf? Darf man nur 30min laufen und bei 35min ist man schon im Fitnessbereich?

[pullquote position="right" hidden="true"]Sie glauben jetzt zu wissen, worauf es im Leben ankommt: Spaß, Action, Sex. Doch am Ende werden sie feststellen, dass es nur wichtig ist möglichst lange zu leben.[/pullquote]

Wir denken, dass Sportlichkeit kaum noch etwas mit Gesundheit zu tun hat. Erinnern wir uns zurück an an den ersten Punkt. Gesundheit ist nur ein Mittel. Es ist kein Zweck an sich. Es ist unsere Fähigkeit Dinge zu tun, die unsere Lebensqualität ausmacht. Wir können spazieren gehen, können auf einen Berg steigen, wir können Wasserski fahren. So können wir das Leben auch leben.

Viele, die eine Steinzeiternährung anfangen, stellen fest, dass sie auf einmal den Drang verspüren sich zu bewegen und aktiver werden. Ihr Gehirn und ihr Körper funktionieren besser. Eine Begrenzung der Freiheit ist aufgehoben und schon öffnen sich die Augen für neue Gelegenheiten, die man vorher überhaupt nicht wahrgenommen hat. Anstatt aus Pflichterfüllung sich für 30min auf's Laufband zu quälen, freuen wir uns nun spontan die Schuhe anzuziehen und einfach so nach draußen zu laufen.

Stell' dir vor, was passiert, wenn du alle Bereiche deines Lebens in Einklang gebracht hast:

  1. Ernährung
  2. Sport
  3. Stressmanagement
  4. Schlaf

Kennst du noch das Gefühl, dass du nach einem langen Tag im Haus nach draußen gehst und nicht anders kannst als loszurennen? Hundebesitzer kennen das - leider meist nicht an sich selbst. Dieses Gefühl ist normal. Wenn es im Kindergarten und der Grundschule aufhört, ist das ein Zeichen, dass du in mindestens einem der vier Bereiche großen Nachholbedarf hast.

Reflexion

Die folgenden Fragen dienen der Inventur. Bei Improved Eating geht es um den nächsten effektiven Schritt. Wenn du weißt, wo du stehst, kannst diesen besser auswählen.

  1. Wie stark kannst du dich belasten? Kannst du eine Wandertour machen ohne für Tage erschöpft zu sein? Kannst du auch mal drei Stunden zu wenig schlafen und trotzdem leistungsfähig bleiben? Wie gut kannst du mir Stress umgehen? Wie robust ist deine Gesundheit?
  2. Wie oft hast du Kopfschmerzen? Hast du Schmerzen bei der Menstruation? Hast du regelmäßig Verspannungen? Stell' dir vor, die Probleme fallen einfach weg. Wie würde sich dein Leben verändern? Kannst du dir überhaupt wirklich vorstellen, wie sich dein Leben verändern würde oder ist diese Vorstellung eher wage?
  3. Wann hattest du das letzte Mal den Drang einfach loszulaufen? Aber nicht, weil den ganzen Tag gesessen hast und deswegen irgendwie Abwechslung brauchst. Hattest den Drang, weil deine Lebensenergie überschäumte und du wirklich musstest?

Nimm' dir 10min Zeit und schreibe deine Gedanken dazu auf. Es ist ein erheblicher Unterschied, wenn man diese Überlegungen konkret und schriftlich vor sich liegen hat. Unter Umständen kann es sehr ernüchternd sein, wie viel wir von unserem Leben bereits verloren haben.

Was hast du bei dieser Reflexion gefühlt? Lass' es uns im Kommentar wissen.

Bilder

Photo Credit: shinealight via Compfight cc