Wie man willensstärker wird: "Karelin Inspired Training" von Ross Enamait

Einer meiner ganz zentralen Einflüsse auf mein Training und auch meine geistige Haltung gegenüber dem Training ist Ross Enamait.

Ihn zeichnen große Einfachheit und Direktheit in seinen Trainingsansätzen aus. Er wendet sich gegen die kunterbunte Fitnesswelt mit ihren immer neuen Gimmicks und ihrem Schnickschnack. Das LowTech-Training ist sein Markenzeichen.

In seinem Artikel Karelin Inspired Training beschreibt er, wie er zu seiner besonderen Vorliebe für Training im Schnee gekommen ist.

Karelin ist der dominanteste Olympia-Athlet aller Zeiten gewesen. Er hat genau einen zweiten Platz in seiner Karriere belegt, ansonsten hat er von 1988-1999 nur Gold geholt. Er war Ringer im griechisch-römischen Stil (keine Beinangriffe sind erlaubt) aus der Sowjetunion. Durch Sportler wie ihn wurde die Sowjetunion mystifiziert.

Das Video-Material zu seinem Training im meterhohen Schnee ist sowohl beeindruckend als auch von seltsamer Befremdlichkeit.

Der Kern des Artikels von Ross Enamait dreht sich um körperliche und psychische Härte. Man soll sich abhärten. Das Video von Karelin hat ihn dazu neu inspiriert.

Während ich auf der einen Seite mentale Härte für eine wichtige Eigenschaft halte, die man ausbauen sollte, habe ich mich schon einige Male gegen Disziplin als dauerhafte Methode der Lebensführung gewendet. Wie passt das zusammen?

Disziplin und Cleverness

Hier treffen zwei Ansätze der Lebensführung zusammen:

  1. Auf der einen Seite gibt es die mentale Härte und Selbstdisziplinierung, wie sie in vielen Kulturen der Lebensführung wie Bodybuilding propagiert wird. Es geht darum sich selbst zu überwinden und die Erkenntnis, dass man Schmerz ertragen und nicht vermeiden sollte, denn dann erreicht man seine Ziele. Wichtige Einfüsse für mich sind: Nietzsche, Dan Pena und Ross Enamait. Der Imperativ lautet hier: Sei diszipliniert!
  2. Auf der anderen Seite gibt es die Tricks und Hacks. Durch die Ausbildung von Gewohnheiten, Hacks wie Kokosöl beim Fasten und Berücksichtigungen menschlicher Verhaltensmuster kann man sich den Weg oft erheblich erleichtern. Tim Ferriss, Leo Babauta und Ben Greenfield sind hier wichtige Einflüsse für mich. Der Imperativ lautet hier: Sei clever!

Wille als endliches Gut

Willensstärke

Unsere Willenskraft ist endlich. Davon können wir guten Gewissens ausgehen. Irgendwann können wir uns nicht mehr entscheiden oder uns zu unangenehmen Handlungen überwinden. Am Punkt der totalen Erschöpfung sind wir gar nicht mehr handlungsfähig.

Im Handeln und Entscheiden liegen jedoch die wichtigen Voraussetzungen, dass wir unser Leben in eine positive Richtung bringen können. Wollen wir unser Leben verbessern bleiben uns zwei Möglichkeiten:

  1. Wir können unser Willensreservoir vergrößern.
  2. Wir können effizienter mit unserem Willen haushalten.

Die erste Möglichkeit spielt ganz klar in Richtung Selbstdisziplinierung und mentale Härte, während die zweite Möglichkeit in Richtung Tricks und Hacks geht.

Wenn wir uns an dieser Stelle vergegenwärtigen, warum wir überhaupt beide Möglichkeiten in Betracht ziehen, wird sehr schnell klar, was das gemeinsame Element ist:

Wir wollen positive Veränderungen in und durch unserem Leben herbeiführen.

Weder Willensstärke noch Cleverness sind die Dinge, auf die wir als Endzweck abzielen.

Darüber, wie man seine Willenskraft effizient einsetzt, habe ich bereits geschrieben. Zur Erinnerung einige Beiträge:

Es fehlen noch Methoden, wie man seine Willenskraft selbst trainiert. Ein tiefer Brunnen versiegt nicht so leicht. Wie geht das also?

Wie das Sprichwort verrät: Übung macht den Meister.

Besonders Augenblicke, in denen wir uns bereits geschwächt fühlen, lohnen sich zur Selbstdisziplinierung.

Beispiel: Wenn ich nach einem schweren Training nach Hause komme, ist jede Stufe in den vierten Stock eine Qual. Erwische ich mich dabei, wie ich nur noch halbherzig die Stufen hochschlurfe, nehme ich mich noch einmal zusammen und lege einen Treppensprint ein. Das mache ich nicht immer, doch ich versuche solche Entscheidungen immer wieder zu treffen.

Die Ausbildung eines starken Willens ist eine Lücke im Leben vieler Menschen und verhindert positive Veränderungen. Es geht nicht immer darum, möglichst clever zu sein. Es ist zweifellos gut, wenn man das ist, aber man sollte den reichhaltigen Schatz an Methoden nicht als Ausrede dafür verwenden, seinen Schwächen auszuweichen.

Thor hat mich gefragt, wie ich es schaffe mich zu extremen Maßnahmen zu überwinden. Schließlich trainiere ich weitgehend alleine.

Einen kleinen Einblick in diese Art der Überwindung werde ich im nächsten Beitrag geben (oder im Übernächsten, wenn der nächste Beitrag ein Forschungsblitzlicht ist)

Fragen

  • Wie trainierst du deinen Willen?
  • Bist du eher clever oder diszipliniert?
  • Wie bringst du beide Aspekte in deinem Leben zusammen?

Bilderrechte

Adaption of 09-mar-01 by Paul Joseph via sashafatcat, CC BY 2.0