Zur Metaphysik der Gesundheit I - Kategorien
Zusammenfassung: Es geht in diesem Beitrag nicht um Esoterik oder theoretische Philosophie. Vielmehr benutze ich ein abstraktes Modell von Einflussgrößen auf die Gesundheit um uns einen Überblick über dieses Thema zu verschaffen.
Was soll der Begriff Metaphysik?
Eigentlich bin ich ein Freund des Begriffs Ontologie, aber Metaphysik ist als Begriff einfacher zu erklären:
- Meta heißt über
- Physik beschäftigt sich mit den allgemeinsten Fragen der Natur
Die Metaphysik der Gesundheit beschäftigt also mit den grundlegendsten Einflussgrößen auf die Gesundheit.
Jin und Yang
Das ist kein New Age Ansatz. Ich verwende das Taijitu (das ist der schwarz-weiße Kreis) als eine Metapher um die sechs verschiedenen Einflussquellen für unsere Gesundheit zu ordnen.
Das Taijitu hat dabei eine ähnliche Funktion wie das Paleoparadigma. Es ist ein Modell, dass erstmal Orientierung bietet und dazu dient Hypothesen zu generieren.
In einem späteren Blogpost werde ich dafür argumentieren, dass unter einer bestimmten Betrachtungsweise Gesundheit und Leistungsfähigkeit zwei Seiten der gleichen Medaille sind. In diesem Blogpost werde ich mich in Ermangelung dieses Beitrags lediglich auf den Begriff der Gesundheit stützen.
Die Jin-Kräfte der Gesundheit
Jin sind die nährenden, anabolen, aufbauenden Einflüsse auf die Gesundheit.
Ernährung
Die Ernährung ist die grundlegende, materielle Seite der Gesundheit. Wenn wir nichts essen und trinken sterben wir, weil unserem Körper kein Material mehr hat um sich zu rekonstruieren, während wir ständig Material verbrauchen und verschleißen.
Eine gute Ernährung liefert also all diejenigen Dinge, die der Körper benötigt um sich zu rekonstruieren und möglichst keine Schadstoffe, die den Körper daran hindern.
In der modernen Ernährung stehen wir vor dem großen Problem des Ungleichgewichts. Wir nehmen zu viel Makronährstoffe bei zu wenig Mikronährstoffen auf. Der stimulierende, wachstumsfördernde Effekt der Nahrungszufuhr ist dadurch gestört.
Das kann auf der einen Seite ein schlichter Mangel sein. Gemäß des Modells des liebigschen Fasses kann eine Pflanze nur gemäß der knappsten Ressource wachsen. Wenn du einer Pflanze genügend Wasser und Erde aber kein Licht gibst, wird sie nicht wachsen können.
So verhält es sich auch mit uns Menschen und unserer Ernährung. Die Ernährung kann ihren positiven Einfluss nur insofern entfalten, wie es das knappste Gut zulässt. Deswegen ist es auch so wichtig, dass man spezifische Nährstoffmängel herausfindet. Man denke hier an Tim Ferriss berühmten Selenmangel.
Wir können keinen Mangel des einen durch ein Überangebot des anderen beseitigen.
Auf der anderen Seite kann es ein Überangebot von Nahrung sein. Insbesondere Kohlenhydrate kommen dabei immer mehr ins Kreuzfeuer. Doch dieses Problem ist aus dem Kontext gerissen, wenn man dabei auch nicht einen möglichen Kohlenhydratverbrauch berücksichtigt. Es ist ein erheblicher Unterschied, ob man nun mit ständig gefüllten Speichern oder mit regelmäßig geleerten Speichern hohe Dosen von Kohlenhydraten zu sich nimmt.
Ruhe
Ruhe ist die Zeit, in welcher wir aktiv regenerieren können. Die bekannteste und wohl fast jedem zugängliche Form des Ruhens ist der Schlaf.
Schlaf ist die beste Meditation - Dalai Lama
Daneben ist Meditation die bekannteste Möglichkeit sich Ruhe zu geben. Meditation ist nicht immer gleich. Wir kennen üblicher Weise den Versuch innere Stille herzustellen und setzen dies mit Meditation gleich. Es gibt noch viele andere Techniken der Meditation. Obwohl alle mit Ruhe zu tun haben, ist innere Ruhe nicht zwingend der Fokus.
Weil wir in der westlich-industrialisierten Konsumkultur genau diesen Bereich ausklammern, sind Maßnahmen hier besonders wirksam. Wir schlafen zu wenig und zu schlecht und meditieren so selten, dass uns die meisten Menschen uns mit großen Augen ansehen, wenn wir sagen, dass wir das sogar täglich tun.
Mobilitätsarbeit
Mit Mobilitätsarbeit ist nicht reines Dehnen gemeint. Kelly Starrett hat einen wichtigen Beitrag geleistet, dies ins Bewusstsein zu rücken. Es geht darum Bewegung zu ermöglichen, in dem wir dem Gehirn signalisieren, dass es nicht mehr nötig ist unsere Bewegung in diesem Bereich einzuschränken.
In diesen Bereich gehört zwar auch das Dehnen, aber auch all das, was der Amerikaner als "Soft Tissue Work" bezeichnet. Foam Rolling ist ein Beispiel dafür.
Ich beobachte ein Problem immer wieder. Durch unser Leben sind wir gewöhnlicher Weise in diesem Bereich defizitär. Viele beschließen auf einmal fit zu werden. Sie ändern ihre Ernährung, ändern ihre Trainingsbelastung und enden in der üblichen Problematik ihrer Belastungsart (Laufen = Knie; Krafttraining = Schulter/Ellenbogen).
Selbstverständlich gibt es genug Menschen, denen die Veränderung einigermaßen verletzungs- und überlastungsfrei gelingt. Das sind jedoch die wenigsten. Ich kenne Menschen, die mit absoluter mangelhafter Bewegungsform schweres Krafttraining machen und überhaupt keine Problem haben. Heißt das, dass ich auf meine Bewegungsausführung pfeifen sollte? Ich denke nicht.
Die Yang-Kräfte der Gesundheit
Yang sind die anregenden, verbrauchenden, katabolen Kräfte auf die Gesundheit
Fasten
Wie ich im Artikel Die Wahre Natur des Hungers argumentiert habe, soll Fasten eine anregende Wirkung haben. Wenn dies nicht der Fall ist, ist irgendwas im Ungleichgewicht. In seltenen Fällen ist dies eine zu starke Betonung des Fastens. In vielen Fällen sind wir metabolisch (unter anderem) so gestört, dass wir trotz eines sonst reichlichen Angebots an Nahrung die Vorteile des Fastenmetabolismus nicht nutzen können. Wir werden müde und träge, wo wir wach und aktiv werden sollten.
Die kohlenhydratarme Ernährung funktioniert als Diät so gut, weil sie meistens auf Menschen trifft, die aufgrund ihrer überreichen Ernährung im Vorfeld stark auf der Jin-Seite waren und jetzt mehr Schwerpunkt auf die Yang-Seite legen. Besonders gut funktioniert diese bei Menschen, die nicht viel Sport machen. Aber auch bei Menschen, die regelmäßig Sport treiben, ist der Kohlenhydratverbrauch überraschend niedrig.
Die kohlenhydratarme Ernährung löst einen Teil des Fastenmetabolismus aus.123 Überraschender Weise berichten viele Menschen, dass sie besonders nach der Umstellung des Frühstücks sich nicht mehr so müde und träge fühlen.
Die Autophagie ist ein wichtiges Element für die Langlebigkeit, und eben diese ist Teil des Fastenmetabolismus. Wie immer geht es um Ausgeglichenheit. Wir brauchen die Belastung als Reiz, die Nahrung als Material zur Verarbeitung des Reizes und für die Instandhaltung brauchen wir die Autophagie.
Bewegung (manchmal auch als Training)
Bewegung ist katabol! Bewegung an sich ist ein abbauender Faktor in unserem Leben. Wir verbrauchen Energie und wir richten Schäden am Gewebe an. Das Ziel von Training ist es vermittels eines abbauenden Prozesses nachfolgend eine aufbauende Wirkung zu erzeugen. Hier steckt natürlich das Konzept der Superkompensation dahinter, obwohl der Zusammenhang etwas komplizierter ist. Vgl. dazu das Zwei-Faktoren-Modell.
[pullquote position="right" hidden="true"]Training ist notwendig katabol![/pullquote]
Bewegung als Training ist etwas, dass dem klassischen Denken gut entspricht. Es ist sehr leicht messbar, überschaubar und gibt uns eine Art direktes Feedback. Wir laufen damit nicht nur in die Falle der Erlebnisorientierung. Wir vergessen, dass wir durch ein mehr an Training, bessere Ernährung, bessere Ruhe und auch bessere Mobilitätsarbeit brauchen.
Kognition
Denken, Entscheiden, analysieren - all das ist die aktive, katabole Seite unserer Psyche. Nicht umsonst verringert mentale Ermüdung die körperliche Leistungsfähigkeit.4
Wir können es sogar spüren. Wenn wir nach einem langen Arbeitstag Sport machen (sollen), fühlen wir uns kraftlos, auch wenn wir den ganzen Tag gesessen haben und eigentlich vor körperlicher Energie strotzen müssten.
In unserer modernen Zeit gehen wir sehr ineffizient mit den kognitiven Belastungen um und sind gleichzeitig extrem gefordert. Straßenverkehr, permanente Entscheidungszwänge in Beruf und Haushalt, Studium und vieles mehr - uns wird immer gesagt, dass wir uns organisieren sollen, aber niemals wirklich wie.5
In den Führungsseminaren wird uns immer nur beigebracht, wie wir auf andere einwirken sollen. Aber niemals verlieren die auch nur ein Wort darüber, wie wir uns dabei fühlen und wir damit umgehen sollen. - Leitender Angestellter
Die geistige Überforderung ist Kennzeichen unserer modernen Zeit. Wir können das durch alle Schichten und beruflichen Anforderungen beobachten. Mit Techniken wie Prokrastination oder auch Zickigkeiten nach abendlichem Stress versuchen einen Ausgleich zu schaffen, ohne zu wissen, wie wir ihnen anders begegnen können.
Abschließende Worte
Wenn wir diese sechs Faktoren in ein gutes Verhältnis bringen, dann erreichen wir eine Gesundheit und Fitness, welche in unserer Gesellschaft als sehr außergewöhnlich gilt, und doch für jedermann verfügbar ist.
Im nächsten Beitrag dieser Serie Zur Metaphysik der Gesundheit II - Ausgleich der Kategorien zeige ich einige Zusammenhänge zwischen diesen Einflussgrößen. Am Ende dieser Überlegungen wird ein einfach zu handhabenden Modell entstehen, welches man zur einfachen Analyse seines Lebens verwenden kann. Dort wo sich Lücken auftun, ist der nächste effektivste Schritt.
Fragen
- In welchem Bereich der Jin-Kräfte siehst du deine Stärken? Wo deine Schwächen?
- In welchem Bereich der Yang-Kräfte siehst du deine Stärken? Wo deine Schwächen?
- Welche Missverhältnisse siehst du in deinem Leben?
Bilder
Photo Credit: Free Grunge Textures - www.freestock.ca via Compfight cc
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Lee, J., Bruce-Keller, A. J., Kruman, Y., Chan, S. L., & Mattson, M. P. (1999). 2-Deoxy-D-glucose protects hippocampal neurons against excitotoxic and oxidative injury: evidence for the involvement of stress proteins. J Neurosci Res, 57(1), 48-61. [Abstrakt][AbstraktLee1999] ↩
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Stafstrom, C. E., Roopra, A., & Sutula, T. P. (2008). Seizure suppression via glycolysis inhibition with 2-deoxy-D-glucose (2DG). Epilepsia, 49 Suppl 8, 97-100. [Abstrakt][Abstraktstafstrom2008] ↩
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Fery, F., Bourdoux, P., Christophe, J., & Balasse, E. O. (1982). Hormonal and metabolic changes induced by an isocaloric isoproteinic ketogenic diet in healthy subjects. Diabete Metab, 8(4), 299-305. [Abstrakt][abstraktfery1982] ↩
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Marcora, S. M., Staiano, W., & Manning, V. (2009). Mental fatigue impairs physical performance in humans. J Appl Physiol (1985), 106(3), 857-64. [Volltext][201401301459] ↩
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Wenn du dich für dieses Thema interessiert, lege ich dir [Getting Things Done][201401300918] von David Allen sehr ans Herz. ↩